Die letzten Monate waren intensiv. Gemeinsam mit zwei Freundinnen machte ich mich auf Wohnungssuche. Sie wurde zu einem kleinen Abenteuer, welches uns am Ende nicht nur zu einer Wohnung führte, sondern auch zu der tieferen Erkenntnis darüber, wie Gott wirkt.
Eine Wohnungssuche ist nervenaufreibend. Sie kostet Zeit, Energie und eine gehörige Portion Geduld und Vertrauen. Es gibt einige Dinge, die mich stressen. Umziehen gehört sicher dazu. So viel weiß ich nun. Doch nun ist es geschafft. Die Wohnung ist gefunden und so langsam schlichtet sich das Chaos wieder. Nicht nur das, was durch die herumstehenden Umzugskisten verursacht wird, sondern auch das innere Chaos. Langsam komme ich wieder zur Ruhe, sitze gemütlich in meinem Sessel und lasse die ganze Wohnungssuche Revue passieren.
Es war eine tiefere Suche, eine, die mich nicht nur zu einer Wohnung geführt hat, sondern auch näher zu Gott. Ja, es stimmt. Für mich war diese Suche von Anfang an keine einfache Suche, sondern vor allem auch eine Frage meines Vertrauens in Gott, das zwischenzeitig sehr herausgefordert wurde. Denn es ist etwas anderes, einfach zu sagen, dass man vertraut, als auf dieses Vertrauen wirklich angewiesen zu sein, dann nämlich wenn es wirklich hart auf hart kommt, wenn es um die eigene Existenz geht.
Anfang des Jahres hatte mich entschieden, umzuziehen und ab Mai eine WG mit zwei Freundinnen zu gründen. Gemeinsam begannen wir also, auf diversen Seiten im Internet nach Wohnungen zu schauen und einige, die eventuell in Frage kommen könnten, zu besichtigen. In meiner Pfarre hing ich ein Zettel aus mit dem Titel „Wohnung gesucht“ und kontaktierte einige Leute, die mir vielleicht helfen könnten, Leute, die irgendetwas mit Immobilien zu tun hatten. Insgeheim hoffte ich auf ein kleines Wunder, darauf, dass sich schnell etwas auftun würde. Denn wir suchten nicht nur, sondern begannen von Anfang an gleichzeitig auch dafür zu beten. So legten wir die Wohnung in Gottes Hände und vertrauten darauf, dass er uns zur richtigen Wohnung führen würde.
Doch das Wunder kam nicht. Ich erhielt keinen plötzlichen Anruf mit der Nachricht einer freien Wohnung und auch die Leute, die vielleicht hätten helfen können, hatten auch gerade keine freien Wohnungen zur Verfügung. Die Wohnungsbesichtigungen wurden zur wöchentlichen Routine, doch nie war etwas dabei, wo wir alle hätten sagen könnte DIE ist es. Und so verstrichen die Tage und Wochen, die Zeit wurde immer knapper und ich immer unruhiger. Die Wohnung begann mich sogar schon in meinem Träumen zu verfolgen. Durch die ganze Internetrecherche träumte ich schon von viereckigen Wänden. Hatten wir zu hohe Ansprüche? Was wollte Gott uns sagen? Warum half er uns nicht? Würde er mich doch im Stich lassen? Hatte er uns nicht gehört? Mit der Zeit kamen immer mehr dieser Fragen in mir auf.
Vielleicht stimmte es. Vielleicht war ich zu spirituell an die ganze Sache herangegangen. War es überhaupt legitim, Gott mit dieser Wohnung so zu belasten? Sogar mein Gottvertrauen davon abhängig zu machen? Zwischenzeitig kam ich mir sogar anmaßend vor. Denn während ich die ganze Zeit nur mit der Wohnung beschäftigt war, ich diese immer mehr als ein Problem hochschaukelte, gab es Menschen, für die dieses Problem nur ein Staubkorn gewesen wäre- Menschen, die mit ganz anderen Dingen zu kämpfen und wirkliche Probleme hatten, wie die Menschen in Syrien oder die, die beim Flugzeugabsturz ums Leben gekommen waren. Und trotzdem blieb die Wohnung mein Problem. Ein Problem, das im Vergleich anderer Probleme keines war, für mich persönlich jedoch von großer Bedeutung.
Desto mehr Wochen verstrichen, desto kraftloser fühlte ich mich. Irgendwann musste dann wirklich eine Wohnung her. Ich begann zu zweifeln, dass Gott mir noch helfen würde und wir eine Wohnung finden würden. Ich sah mich schon unter der Brücke campieren, mitsamt all meiner Möbel. Irgendwann fragte ich den Vermieter meiner alten Wohnung, ob ich nicht doch bleiben könne, doch auch das ging nicht mehr. Die Nachmieter waren bereits gefunden. Es gab also kein Zurück mehr. Ich musste raus. Ich fühlte mich hilflos. Ich überlegte, was ich wohl tun würde, wenn ich tatsächlich nichts finden würde. Und durch diese Lage, machte ich eine weitere Erfahrung, nämlich wie unangenehm es war, tatsächlich nach Hilfe fragen zu müssen, dann, wenn man sie wirklich brauchte, dann, wenn eben nicht alles glatt lief. Viel einfacher und schöner war es, zu helfen, nicht jedoch, sich helfen zu lassen. Und ich weiß nun, was es Menschen kosten kann, wirklich um Hilfe fragen zu müssen. Es ist nämlich ziemlich peinlich und unangenehm.
Doch wirklich um Hilfe fragen mussten wir im Endeffekt nicht. Denn im letzten Moment fanden wir über eine Zeitungsanzeige tatsächlich eine Wohnung, die sogar all unsere Ansprüche erfüllen konnte. Sie hatte ein zusätzliches Zimmer, war gut gelegen, nicht zu teuer und sogar provisionsfrei. Als wir die Zusage erhielten, hatte ich sogar nicht einmal mehr richtig Kraft, mich zu freuen und Gott zu danken. So innerlich erschöpft war ich. Erst jetzt, wo ich hier sitze, die Zeit ein bisschen verstrichen und auch der Umzug erledigt ist, merke ich, wie in mir eine Last abfällt. Und auch die Dankbarkeit Gott gegenüber findet in mir neuen Platz.
Ja, er hat mich nicht im Stich gelassen. Er war die ganze Zeit da und hat uns in der Wohnungssuche geführt. Jedoch anders, als ich es zunächst gedacht hätte. Nicht durch ein Wunder, sondern ganz still und leise. Auch nicht so, dass wir nichts hätten tun müssen, sondern mit uns gemeinsam. Und ich bin dankbar, dass er mich in meinem kleinen alltäglichen Problem gesehen hat, es ernst genommen und sich um mich gekümmert hat. Denn es ist die Wahrheit, dass wir wirklich immer zu ihm kommen können- mit jedem Problem, auch wenn es im Vergleich zu anderen Problemen noch so unbedeutend zu sein erscheinen mag. Er wird sich kümmern. Dies durfte ich erneut erfahren. Wir können uns fallen lassen- fallen lassen in seine Hände. Er ist da.
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