Vor kurzem war ich mit einem befreundeten Priester im Gespräch. Thema waren die Herausforderungen, die ein Mensch heute hat, seine Berufung zu finden. Dabei fiel folgender Kommentar: „Außerdem ist grundsätzlich schon zu bedenken, dass eine Ordensgemeinschaft die Heiligkeit der Mitglieder und das Apostolat als Ziele hat, nicht die Befriedigung der Bedürfnisse und Wünsche der Mitglieder.“ Mein Priesterfreund fügte aber gleich hinzu, dass man diese Aussage nicht einseitig sehen sollte, man könne sie auch missverstehen. Und das stimmt. Eine kirchliche Institution, die nicht mehr ihre Mitglieder vor Augen hat, sondern nur noch ihre Ziele als Institution, wäre ein Desaster. Aber andersherum, ein junger Mensch, der in einen Orden eintritt oder den Weg Richtung Priestertum einschlägt, um seine eigenen Bedürfnisse zu befriedigen – das wäre eine authentische Tragödie.
Und das ist der Punkt. Wir als Christen sind davon überzeugt, dass die Nachfolge Christi – das heißt, weg von uns selbst, hin zu Christus – nicht unser Menschsein zerstört, sondern uns erst unsere eigene Größe kennenlernen lässt, uns erst wirklich erlaubt, Mensch zu werden, uns selbst zu finden. Der heilige Johannes Paul II. hat nicht davon abgelassen, tagein, tagaus uns allen das einzuschärfen, was das II. Vatikanische Konzil so betont hatte: Christus „macht dem Menschen den Menschen selbst voll kund.“ (Gaudium et Spes, 22) Christus offenbart den Menschen, wer er eigentlich ist. Wer sich in Christus verliert, findet erst dann sich selbst wirklich wieder. Weil dem so ist, führt uns Christsein immer mehr zur Mitte, die eben in Christus und nicht in unseren Juckreizen zu finden ist. Die Heiligkeit ist ein anderer Name für das biblische Wort „der neue Mensch“. Den alten Menschen gilt es abzulegen, den neuen anzuziehen. (Vgl. Eph 4