Worum ging es bei unserem Gespräch? Ums Grillen. Oder besser: um meine Lieblingssommerbeschäftigung. Gut, eigentlich nicht meine Lieblingssommerbeschäftigung. Die ist, war und bleibt – wenn ich die Gelegenheit dazu hätte –, das Wasserskilaufen, egal ob hinter einem Boot oder hinter einem Auto, auf einem See, Fluss oder Kanal. Da gibt es einfach nichts Besseres. Aber wir redeten ja über SEINE Lieblingsbeschäftigung – jene meines Gesprächspartners. Und ich versuchte ihm zu erklären, dass ich begriffen hatte, wieso etwas wie Grillen SO interessant sein kann. Gegrillten Lachs oder T-Bone-Steak, offenes Feuer, irgendwo in den Bergen in Britisch Kolumbien: Okay, das konnte ich als Kanadier schon noch nachvollziehen. Aber in der Innenstadt von Wien auf einem winzigen Balkon im 4. Stock? Früher hätte ich darüber vielleicht nicht nur geschmunzelt. Vielleicht weil wir Zuhause fast NUR gegrillt haben (ein wenig übertrieben, aber nicht ganz). Doch die Zeiten ändern sich, meine Einstellung zum Grillen auch.

Unser Kloster liegt über (!) einer Tankstelle im 3. Wiener Bezirk. Gerade für heute, den 1. Juli, hatten wir unsere Freunde – euch alle, die in der Nähe von Wien wohnen – zu einer Dankmesse und -feier eingeladen. Eigentlich sollte es ein Grillabend sein. Aber da wäre uns nichts anderes übrig geblieben, als auf das Dach der Autowaschanlage in unserem gigantischen Innenhof auszuweichen. Und darauf zu hoffen, dass keiner der auf das Dach der Waschanlage hinunterschauenden 463 Bewohner der umliegenden Hochhäuser die Grillerei der Polizei meldet. Oder, dass wir wenigstens mit dem Grillen fertig wären, bevor die Polizei auftauchen würde. Ach! Da beginnt man doch eher vom Grillen auf dem kleinen Balkon im 4. Stock zu träumen… Aber heute blieben wir lieber bei Spaghetti à la Bolognese.

Was würde ich am liebsten tun, wenn ich mal so richtig – sorry für den Ausdruck – chillen könnte? Was wäre das Erste, das mir in den Kopf kommen würde? Grillen? Wasserskilaufen? Schwimmen? Surfen (im Internet oder auf dem Meer!)? Freunde treffen?… Und das ist so menschlich!

Was ich aber so beeindruckend finde, ist dies: Gott ist auch so. Er selbst ist in Jesus voll Mensch. Wie du. Wie ich. Er liebt die Natur, die Berge. Er nimmt die Jünger beiseite, um ein wenig auszuruhen. Er hat ein Auge für die Schönheit der Dinge und der Menschenherzen, aber auch für die Lilien des Feldes (vgl. Mt 6:28-29). Er staunt über den Hauptmann:

Nicht einmal in Israel habe ich einen solchen Glauben gefunden.

(Lk 7:9)

Er ist berührt wegen einer Prostituierten, die sich ehrlichen Herzens bekehrt:

Ihr sind ihre vielen Sünden vergeben, weil sie (mir) so viel Liebe gezeigt hat.

(Lk 7:47)

Es entgeht ihm nicht die verborgene Größe einer armen Frau:

Diese arme Witwe hat mehr in den Opferkasten hineingeworfen als alle anderen.

(Mk 12:43)

Er jubelt. Er ist müde. Er kennt die Trauer und weint, als Lazarus stirbt. Er ist hungrig und durstig an der Quelle von Sychar. Und er hat eine Vorliebe. Eine Leidenschaft. Ein Erstes, das er machen würde, wenn ihn jetzt jemand fragte, was er am allerliebsten täte. Etwas, wonach er über alles sehnt. Ein Verlangen, das stärker ist als das stärkste Verlangen, das wir jemals verspürt haben, ja uns nur vorstellen können.

Ich habe mich sehr danach gesehnt, vor meinem Leiden dieses Paschamahl mit euch zu essen.

(Lk 22:15)

Sein Verlangen, seine Leidenschaft, seine Vorliebe, seine Sehnsucht ist einfach diese: sich dir hinzugeben. Ja, dir! Ja, mir!

Jesus Christus IST die Leidenschaft Gottes für den Menschen.

Kardinal Joachim Meisner

Er ist die verkörperte Leidenschaft Gottes. Sein Herz ist verwundet aus Liebe. Und die Wunde ist so groß, dass wir alle hineinpassen.

Benedikt XVI drückt das so aus: Der Eros Gottes, die Leidenschaft Gottes ist es, sich uns zu schenken, sich dem Vater hinzugeben.

Der Eros Gottes für den Menschen ist zugleich ganz und gar Agape. Nicht nur weil er ganz frei und ohne vorgängiges Verdienst geschenkt wird, sondern auch weil er verzeihende Liebe ist.

Benedikt XVI, Deus caritas est, 10

Diese Leidenschaft für mich ist seine Vorliebe. Und ich würde sagen, dass wir letztendlich tief in uns eine ähnliche Sehnsucht nach Hingabe spüren. Und diese Sehnsucht, auf die Liebe Gottes mit Liebe zu ihm und zu den Mitmenschen zu antworten, schwingt schon beim Grillen mit! Nur, bei allen anderen Sehnsüchten, die nicht in Gott enden, bleibt die Herausforderung, nicht zu vergessen, was wir eigentlich suchen, was eigentlich in uns hineingelegt worden ist. Ein Hoch auf Lachs und Käsekrainer, aber bleiben wir nicht dort stehen. Ach! „Wie sehr braucht die Welt Menschen, die in der kleinen Vorliebe DIE VORLIEBE DER LIEBE GOTTES entdecken und leben!

Das wünsche ich euch, das wünsche ich mir.

Zur Betrachtung

„Jesus war erstaunt, als er das hörte, und sagte zu denen, die ihm nachfolgten: Amen, das sage ich euch: Einen solchen Glauben habe ich in Israel noch bei niemand gefunden.“

(Mt 8:10)

„Da kam auch eine arme Witwe und warf zwei kleine Münzen hinein.“

(Mk 12:42)

„In dieser Stunde rief Jesus, vom Heiligen Geist erfüllt, voll Freude aus: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du all das den Weisen und Klugen verborgen, den Unmündigen aber offenbart hast. Ja, Vater, so hat es dir gefallen.“

(Lk 10:21)

„Da weinte Jesus.“

(Joh 11:35)

„Als sie aber zu Jesus kamen und sahen, dass er schon tot war, zerschlugen sie ihm die Beine nicht, sondern einer der Soldaten stieß mit der Lanze in seine Seite, und sogleich floss Blut und Wasser heraus.“

(Joh 19:33-34)

Titelbild: Richard Kane – Fotolia