Ich möchte dich um Hilfe bitten.

Der hl. Vinzenz von Paul ist für mich derzeit eine Inspirationsquelle. Revolutionen, Kriege und enorme gesellschaftliche Herausforderungen hielten ihn nicht auf, er ließ sich nicht vom gegenwärtigen Geschehen paralysieren, sondern überlegte, was er konkret tun könnte. Einerseits ging es ihm darum, augenblicklich die Not vor der Haustür zu lindern, andererseits dachte er langfristig. Er wusste, dass eine Gesellschaft ohne Gott bald menschenverachtend agieren würde. Deswegen baute er nicht nur Spitäler, sondern gründete auch zwei Orden, die sich nicht nur für das leibliche, sondern auch das geistige Wohl der Menschen einsetzen sollten. Außerdem leitete seine Gemeinschaft zu seinen Lebzeiten 53 Priesterseminare.

Ich glaube, dass wir angesichts der derzeitigen Lage ähnlich vorgehen müssen. Deswegen freue ich mich sehr, wenn ich von Mitgliedern der Gemeinde höre, dass Hilfstransporte Richtung Ukraine rollen, ukrainische Flüchtlinge aufgenommen werden oder dass sie sich einsetzen, regierungskritische Bürger aus Russland herauszuholen. Zugleich müssen auch wir langfristig denken:

Wie bauen wir

  • an einer Gesellschaft, in der den Menschen bewusst ist, Geschwister eines gemeinsamen himmlischen Vaters zu sein?
  • an einer Welt, in der die Würde des Menschen unantastbar ist, weil er als Abbild Gottes geschaffen wurde?
  • an einem Miteinander, wo Gerechtigkeit und Liebe herrschen?

Und wie bauen wir an einer Welt,

  • die um die Versuchung weiß, hier auf Erden das Paradies bauen zu wollen?
  • die weiß, wie gefährlich und unmenschlich Gesellschaftssysteme werden, die alles und jedes dem Zweck dieses utopischen Ziels unterwerfen?
  • die vergisst, dass unsere eigentliche Heimat ganz woanders ist?

Vinzenz von Paul hatte ein enormes Gottvertrauen. Oft genug war das, wovon er den Eindruck hatte, dass der Herr das wollte, rein menschlich unmöglich. Aber er ließ sich davon nicht entmutigen, denn er wusste, dass die Worte von Paulus zutrafen: „Alles vermag ich durch den, der mich stärkt.“ (Phil 4,13) Nicht, dass wir Paulus das Wasser reichen könnten. Aber lasst uns versuchen, von diesem Geist beseelt zu sein, der weiß, dass unser Gott immer größer ist als das, was wir denken.

Die meisten von euch wissen um unser großes Missionsprojekt in der Praterstraße 28. Ein Zentrum, das um einiges größer sein wird wir das jetzige. Und ja. Wenn unser Bauvorhaben schon bislang eine große Herausforderung gewesen ist, dann könnt Ihr euch vorstellen, was das jetzt heißt, wenn innerhalb von Tagen Rohstoffpreise durch die Decke gehen. Ich weiß noch nicht, wie wir das bewältigen werden. Und doch. Jetzt, in diesen Tagen, müssen wir alles tun, um die Not der vom Krieg betroffenen Menschen in der Ukraine zu lindern. Wir würden nicht richtig „langfristig“ denken, wenn wir dabei der Gegenwart gleichgültig gegenüberstehen würden.

Am Samstagnachmittag sind wir eine Partnerschaft mit der Pfarre hl. Nepomuk in Susiec an der polnisch-ukrainischen Grenze eingegangen. Das freut mich sehr, denn es erlaubt uns, unmittelbar vor Ort ganz konkret zu helfen. Das tun wir in vier Bereichen:

  1. Aufnahme von Flüchtlingen. Für mich war es ein schönes Zeichen von oben, inmitten der großen Dunkelheit dieser Tage, dass innerhalb der halben Stunde des Übereinkommens mit der Pfarre in Susiec die Unterkunft für eine schwangere Frau sowie zwei weitere Mütter mit ihren Kindern gesichert werden konnte. Mittlerweile werden immer mehr Familien, die hier ins Zentrum Johannes Paul II. kommen, zu Gastfamilien. Die Großzügigkeit dieser Familien, die oft selbst nicht viel haben, ist sehr inspirierend.

 

  1. Sachspenden. Aber eben nur das, was gebraucht wird – beispielsweise braucht es derzeit keine Kleidung. Sondern vor allem haltbare Nahrungsmittel, am liebsten in Dosen. Und Stromaggregate. Und Schutzwesten. Die Liste dessen, was gebraucht wird, wird ständig aktualisiert, und das hilft sehr, um auf die konkreten Bedürfnisse einzugehen.

 

  1. Finanzielle Hilfe. Das deswegen, weil es nicht immer sinnvoll ist, Hilfsgüter durch halb Europa zu transportieren. Vergangenen Samstag zum Beispiel kaufte die Pfarre Treibstoff in Polen und fuhr damit über die Grenze. Aber es gibt zunehmend auch in Polen Knappheit – zum Beispiel sind dort keine Stromaggregate mehr zu bekommen. Finanzielle Hilfe hat auch Sinn, um beispielsweise den Transport von Flüchtlingen zu finanzieren. Eine Stiftung aus Spanien spendet Flugtickets, um Flüchtlinge nach Madrid zu bringen.

 

  1. Gebet ist eigentlich das Allerwichtigste. Wir wollen es im Zentrum Johannes Paul II. weiter ausbauen. Es freut mich sehr, dass wir die gesamte Nacht von Freitag auf Samstag für dieses Anliegen gebetet haben. „Herr, unser Gott, es liegt in deiner Macht, Kriege zu stoppen und die Macht der Übermütigen zu brechen“, so lautet das Tagesgebet in der hl. Messe in Zeiten des Krieges.

 

Zurück zu meiner anfangs geäußerten Bitte. Kannst du helfen? Willst du helfen? Wenn ja, bitte schau auf unserer Webseite vorbei, hier gibt es mehr Information darüber, wie du gemäß deinen Möglichkeiten in einem dieser vier Bereiche konkret helfen kannst. Wenn wir jetzt nicht großzügig sind, wann sonst? Jetzt ist die Zeit, dieser Welt zu zeigen, dass wir an einen Gott glauben, der nicht nur liebt, sondern die Liebe ist.

Nicht nur vom Überfluss zu geben, ist Merkmal christlicher Nächstenliebe. Es ist ein gewagter und doch so schöner und großer Glaubensschritt, zu geben, auch wenn man selbst fast nichts hat. Vielleicht ist uns nichts so kostbar wie unsere Geldbörse. Gott, Herr, auch von dem etwas geben zu können, ist nicht immer so einfach! Gestern, Montag, hat mich das Tagesevangelium sehr ermutigt, dass wir hier die richtige Richtung gehen: „Gebt, dann wird auch euch gegeben werden! Ein gutes, volles, gehäuftes, überfließendes Maß wird man euch in den Schoß legen; denn nach dem Maß, mit dem ihr messt, wird auch euch zugemessen werden.“ (Lk 6,36) Es ist wie ein geistiges Prinzip. Gott ist nicht übertrumpft in Großzügigkeit. Er lädt uns zur Freigiebigkeit ein: „Und wenn ihr denen Gutes tut, die euch Gutes tun, welchen Dank erwartet ihr dafür? Das tun auch die Sünder. Und wenn ihr denen Geld leiht, von denen ihr es zurückzubekommen hofft, welchen Dank erwartet ihr dafür? Auch die Sünder leihen Sündern, um das Gleiche zurückzubekommen.“ (Lk 6,33-34) Heute feiern wir in Wien unseren Stadtpatron, den hl. Klemens Maria Hofbauer. Das Tagesevangelium hier geht in eine ähnliche Richtung: „Verkauft euren Besitz und gebt Almosen! Macht euch Geldbeutel, die nicht alt werden! Verschafft euch einen Schatz, der nicht abnimmt, im Himmel, wo kein Dieb ihn findet und keine Motte ihn frisst!.“ (Lk 12,33)

Gottes SEGEN!

P. George Elsbett LC

Leiter des Zentrums Johannes Paul II.

PS: Wenn ihr als Familie überlegt, ob ihr eine Flüchtlingsfamilie oder eine Mutter mit Kindern aufnehmen wollt, bitte kontaktiert uns. Gott sei Dank erleichtern viele europäische Regierungen die Schritte der Aufnahme und die Behördenwege. Es ist jetzt ziemlich einfach, eine Familie aufzunehmen. Wir informieren gerne.