Trauer. Nicht gerade jedermann Lieblingsthema. Und doch. „Selig die Trauernden.“ (Mt 5,4) In den letzten paar Wochen habe ich zum Ganzen einen neuen bzw. tieferen Zugang gefunden. Drei Gegebenheiten haben mir dazu verholfen. Die wollte ich mit euch teilen.
Erste Gegebenheit
Vor kurzem hörte ich einen Podcast von Daryl Cripe. Es ging um das Thema Mission. Sehr bewegend. Wir können von missionarischer Kirche reden. Aber wir können uns auch hinter dem „wir“ verstecken. Wenn es bei dem wir bleibt, geschieht genau gar nichts. Es geht um die eigene Haltung. Und das fängt bei der Leitung an. Gibt es wenigstens einen Menschen, um den ich trauere, weil er den Herrn nicht kennt? Ich glaube wir kennen die Gefahr. Ich will den anderen bekehren. Er wird zu meinem Missionsprojekt. Mehr geht es um mich als um ihn. Selig die Trauernden. Selig sind wir, wenn unser Mitleid so weit geht, dass ich in mir nachempfinde, was es für ihn, für sie bedeuten könnte, den Herrn nicht zu kennen, vielleicht sogar ewig von ihm entfernt zu sein. Es ist diese Trauer, die im Letzten der Beweggrund für die Menschwerdung gewesen ist. Diese Trauer erklärt das Kreuz. Erklärt das „Mit großer Sehnsucht habe ich danach verlangt, vor meinem Leiden dieses Paschamal zu essen.“ (Lk 22:15) Diese Trauer erklärt Mission, wenn Mission echt sein soll. „Jesus Christus ist Gottes Leidenschaft für die Menschen“, sagte einmal der verstorbene Erzbischof von Köln, Joachim Kardinal Meisner. Leidenschaft hat mit Leid zu tun. Ein tiefer, inniger Schmerz, der mich sehnend macht.
Cripe unterstreicht meiner Meinung zurecht: Wenn die Trauer um einen Menschen da ist, dann läuft Mission fast von selbst. Aber es muss konkret sein. Nicht „wir“ sondern „ich.“ Nicht „die Menschen“, sondern dieser EINE. Nicht gleich tausend, oder 10. Das eine Schaf hat der Herr gesucht, BIS er es gefunden hat. Das „bis“ ist hier wesentlich. Dieser eine, mit dem ich echte Freundschaft pflege. Auch mit dem Bewusstsein, dass er/sie vielleicht nie den Herrn finden wird. Selig sind, die trauern. Den Herrn darum bitten, dass er mir diesen „einen“ zeigt. Dass er mir eine Liebe für die Menschen, diesen Menschen, schenkt. Dass er mich trauern lässt, diese Trauer, die eine Frucht des hl. Geistes ist und die ich erbeten möchte. Viele, meint Cripe, wollen aber gar nicht trauern. Es ist zu schmerzhaft.
Zweite Gegebenheit
Ich hatte ein Treffen mit Dwayne in Tampa, Florida. Zwei Firmen hatte er von einem Nichts zu weltweiten Konzernen aufgebaut. Dann verkauft. Jetzt befindet er sich fast vollzeitig in der Mission. Unser Treffen war am Montagabend, weil er gerade das „Weekend Retreat“ mit 200 jungen Leuten und Leitern in Georgia verbracht hatte. „Was bringt dich nach Tampa?“ fragte ich ihn. „Du“ antwortete er. „Ich fliege morgen früh wieder nach Houston“. Ich war baff. Normalerweise ist es doch der Priester, von dem man erwarten würde, bereit zu sein, „out of his way“ zu gehen, um einen Menschen zu helfen bzw. aufzusuchen. Zwei Stunden Flug, um mit mir zu reden? Ich spürte eine ähnliche Haltung wie bei Daryl Cripe. Offenheit für den Ruf des Herrn. Egal wo er einem hinführt. Hinhören wollen, ob wir vielleicht eine gemeinsame Reise in der Mission einschlagen sollen. Eine tiefe Liebe für die Menschen, sodass sie den Herrn kennenlernen dürfen. Eine Trauer, die dieser Liebe eine Tiefe schenkt.
Dritte Gegebenheit
Ich saß soeben im Flug nach Istanbul auf den Weg nach Wien. Neben mir saß Jennifer. Eine Amerikanerin. Nach ihrer Zeit in Afrika war sie gute 5 Jahre in Kambodscha als Missionarin tätig. Seit 8 Jahren ist sie in der Mission in Mazedonien. Kein Traumjob in Manhatten oder in der Silicon Valley. Sie entschied sich ganz anders. Macht unscheinbaren und teilweise undankbaren Gemeindeaufbau unter herausfordernden Umständen am Ende ihrer Welt. Warum eigentlich? Und auch bei ihr spürte ich eine ähnliche Haltung. Verfügbarkeit dem Ruf des Herrn gegenbüber. Eine große Liebe zu Jesus, zu den Menschen.
Die Trauer um einen Menschen in unserem Umfeld, der den Herrn nicht kennt. Echte, tiefe, leidenschaftliche Liebe für den Menschen, den einen, bis er gefunden wird. Das wünsche ich dir, das wünsche ich mir, God bless!
Fr. George LC