„Ja, es ist sehr wichtig, bewundern zu können, es ist ein Geschenk! Aber man kann auch einen Körper bewundern. Ich habe mir die Männer nicht immer wegen ihres Hirns ausgesucht, oh, ich hatte auch Körper…“
Das sagte die 87-jährige Chansonlegende Juliette Gréco im Presse-Interview am 16. Oktober 2014. Es ging um ihre vielen Beziehungen. Die Frage war gewesen, ob es ihr dabei wichtig gewesen war, bewundern zu können.
Ja, es stimmt. Bewundern zu können in einer Beziehung ist wirklich ein Geschenk. Bewunderung hat nämlich immer etwas von Selbstlosem in sich, dieses Einfach-den-anderen-stehen-lassen, so sein lassen wie er oder sie ist, nicht etwas anderes oder mehr vom anderen zu erwarten, als er oder sie ist – oder sein kann oder will. Und schön, wenn man dasselbe von der Bewunderung eines Körpers sagen kann. Schade ist es nur, wenn man beginnt, zwischen dem Körper und dem Menschen selbst zu trennen, wenn der Körper gewissermaßen nicht mehr als Ausdruck, als Vergegenwärtigung des Menschen gesehen wird, sondern eher als Objekt, das in sich bewundert wird. Aber kann man das dann überhaupt noch „Bewunderung“ nennen?
Ich hoffe, Juliette Gréco hat das nicht so gemeint – oder ich habe sie falsch verstanden. Nur, mir scheint, dass ein „Ich habe mir die Männer nicht immer wegen ihres Hirns ausgesucht, oh, ich hatte auch Körper“ hat mit dem Stehen-lassen, Sein-lassen, Respektieren des anderen leider nicht mehr so viel zu tun. Denn einen Körper „haben“ heißt einen Körper für mich zu besitzen, dann ist er eben mein Körper geworden, so wie ich „mein Auto“ oder „mein Kleid“ besitze. Dann beginne ich diesem Körper eine Bestimmung aufzuerlegen, ihn das für mich sein zu lassen, was ich will, dass er sei. Und das könnte ich ja eigentlich tun, wenn der andere seinen Körper auch nur besitzen würde, er könnte mir dann erlauben, mit seinen Körper zu tun, was ich will. Das Problem ist aber, der andere hat keinen Körper, er ist ein Körper, eben dieser Körper, den Juliette haben wollte. Sein Körper, das ist er selbst.
Jetzt geht es mir nicht darum, die Absichten von Juliette Gréco zu kritisieren oder in Frage zu stellen. Es geht aber sehr wohl um die Frage, wie sehen wir den Körper und wie verstehen wir Beziehung? Geht es darum, „Körper zu haben“ oder Menschen zu lieben? Wo es in einer Beziehung und im „Einswerden“ um den Körper des anderen, aber nicht um den anderen selbst geht, der durch den Körper geschenkt wird, dort geschehen automatisch Grenzüberschreitung und Manipulation.
Herrlich geht es dort zu, wo Bewunderung des Körpers Bewunderung des anderen selbst ist. Herrlich ist es, wenn durch den Körper die Schönheit des Menschen bewundert, respektiert, wertgeschätzt wird, wenn man erkennt und anerkennt, dass durch den Körper der Mensch selbst mir geschenkt wird. Es ist schade, wenn es bei der Auswahl eines Menschen nicht mehr um ihn in seiner Ganzheit, sondern um das „Hirn“ oder den „Körper“ oder sonst etwas geht, um Auswahl, Bedingung und letztendlich Verletzung, weil Geschenke, die nimmt man ganz an, nicht nur einen Teil davon. Sonst hat man nämlich gar nicht wirklich bewundert, sondern begehrt, an sich gerissen, manipuliert, die Freiheit verletzt.
Mehr Info zu P. George Elsbett: http://about.me/gelsbett Siehe auch http://www.godsexsoul.com/
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