Entschiedene Entschiedenheit
Wir sind endlich da. Der letzte Tag ist vielleicht der anstrengendste gewesen. So wie im Leben. Wie oft hört man auf, kurz vor dem Durchbruch eben. Ich glaube, dass ist was Menschen kennzeichnet, die mich inspirieren, vor allem (um ein vielleicht altmodisch klingendes Wort zu nutzen) die Heiligen. Wie es die Teresa von Avila einmal ausdrückte, es kennzeichnet die Heiligen eine „entschiedene Entschiedenheit“. Nicht eine Dickköpfigkeit. Nicht eine Entschiedenheit um ihrer selbst willen. Es ging ihnen um ein Ringen um und ein Einsatz für und eine Hingabe an das Gute, das Wahre, das Schöne & letztlich den Guten, den Wahren, den Schönen. Ein wenig hart ausgedrückt aber in der Sache auf dem Punkt gebracht, so drückt es der Hebräerbrief aus: „Hier habt im Kampf gegen die Sünde noch nicht bis aufs Blut Widerstand geleistet“ (Hebr. 4,12).
Das lässt mich nachdenklich. Ich kann mich nicht einfach für das Gute und das Wahre und das Schöne entscheiden. Diese Entscheidung „für“ verlangt eben auch eine Entscheidung „gegen“ alledem, das versucht, in meinem Leben und um mich herum, das Gute und das Wahre und das Schöne zu zerstören. Die Entscheidung für den Whopper ist eine Entscheidung gegen die Pizza. Jedes „Ja“ hat nur dann eine Bedeutung, wenn ich auch „nein“ sagen kann. Und öfters ist es ja auch gerade so, dass mein „Ja“ sich in der Überwindung der Dinge bewährt, die sich gegen mein „Ja“ stellen. Eine Entscheidung für die Wahrheit heißt eben auch dickes fettes „Nein“ zu allem, was Lüge in mir ist. Und das ist nicht immer einfach. Das verlangt eben, eine „entschiedene Entschiedenheit“.
Scheitern
Die „Taxis“, zwei Boote, sollten unsere Gruppe nach Egmont bringen, von dort auf die Fähre und dann noch zwei Tage „Sunshine Coast Trail“ bis nach Powell River. Aber das ist dann nicht mehr Teil der Expedition, sondern eher ein normales Wandern. Wir wussten, dass wir so etwas tun müssten, wenn wir es bei der ersten Etappe nicht nach Vancouver Bay schaffen, sondern eine Alternativroute einschlagen müssten.
Irgendwie ist es doch ein Scheitern, wir sind nicht an unserem „best case“ Ziel angelangt. Ich empfinde es aber gar nicht so. Manchmal liest man so „Selbsthilfe“- Bücher, wo es auf verschiedene Weise heißt: setze dir Ziele, bemühe dich, bleib dran, gib nicht auf und du wirst dein Ziel erreichen. Vielleicht schafft man das auch, wenigstens teilweise. Rick Warren sagt: „Erfolg zu haben, seine Ziele zu erreichen und ein sinnerfülltes Leben zu führen, das sind zwei grundlegend unterschiedliche Dinge“. Was wir wollen und das, was Gott für uns vorhat, stimmt nicht automatisch überein. Manchmal muss man diese Lektion auf schmerzhafte Art und Weise lernen.
Demut
Ein bekannter Abenteurer hier in Powell River sagte mir: „Es ist gut, dass ihr nicht die ursprüngliche Route geschafft habt. Sonst würdet ihr jetzt alle so groß daher kommen als wärt ihr die großen Helden. British Columbia bewahrt uns demütig.“ Die Demut hilft uns wiederum, offener für den Plan zu sein, den Gott hat, anstatt zu versuchen, den eigenen Willen durchzuboxen. Das kann hier draußen in der Wildnis besonders gefährlich werden. Leider vergisst man das in der „wirklichen“ Welt des Alltags allzu oft.
Das Besagte kann vielleicht wie ein Widerspruch zu dem erscheinen, was vorher über die „entschiedene Entschiedenheit“ gesagt wurde. Ist es aber nicht. Die Entscheidung und die Entschiedenheit braucht man hier sogar noch mehr. Denn es schließt die Bereitschaft ein, sich „Vollgas“ für das einzusetzen, was der Herr will, für das, was wirklich gut und wahr und schön ist, und nicht nur einfach für das, was ich gerade will oder mir spaß machen würde. Das verlangt zur Entschiedenheit auch noch Demut und Flexibilität dazu. Immer neu sich fragen, ob man noch richtig läuft, ob man sich noch in die richtige Richtung bewegt, ob man sich nur selbst verwirklichen will oder ob man wirklich offen ist für das Gute und Wahre und Schöne, für Gott.




