Der Bär
22.30. Ich bin soeben über die Abtrennung gehüpft, die unseren Garten von der hiesigen Kirche trennt. 7 Meter trennen mich von unserer Haustür. Kurz davor hatte ich die Bäume für Cougars und den Garten selbst für Schwarzbären abgescannt. Offensichtlich nicht gründlich genug. Aus der Dunkelheit erscheint auf einmal direkt vor mir ein großer Schwarzbär. Gerade vorgestern ist ein Mann auf seinen Mountain Bike hier in der Nähe von einem Grizzly attackiert worden. Aber „mein“ Bär war entweder schon so voll von den Äpfeln, die er soeben von unserem Apfelbaum geerntet hatte oder wollte noch unbedingt sehen, wie es um unsere Weintrauben steht, dass ich für ihn heute weniger interessant war. Und doch. Wieder einmal ist mir vor Augen geführt worden, wie dankbar wir sein dürfen, dass wir auf der Expedition null Probleme mit diesen Viechern hatten.
Gewöhnliche Menschen, die Außergewöhnliches tun
Unsere Probleme waren andere gewesen. Zu einem das Wetter, und zu anderem das teilweise extrem schwierige Gelände. Die Umstände, die Wildnis haben uns gezwungen, einen Weg zu gehen, den wir nicht geplant hatten, der am Ende aber der bessere Weg war.
Zu einem durften wir einen neuen Weg durch die Wildnis schlagen, der anscheinend noch nie zuvor begangen worden ist. 112 km durch ein spektakuläres und völlig unberührtes Gebiet der „Coastal Mountains“, den „Valentin Alge Trail“, wie schon vorher berichtet wurde. Zum anderen durften wir viel mitnehmen. Die Komfortzone zu verlassen, hieß für einige von uns gerade auch, sich um der Gruppe willen zurückzunehmen. So etwas, wie wir in diesen Tagen erleben durften, nicht nur den bekannten Bergsteigern und Kennern der Wildnis, sondern auch ganz normalen Menschen zu ermöglichen, darum geht es ja gerade bei Adventure & Faith: „Ordinary people doing extraordinary things“, gewöhnliche Menschen, die Außergewöhnliches tun. Somit war unsere Reise für mich noch viel mehr wie das Leben selbst, das eben auch nicht immer geradeaus geht. Und doch, gerade in diesen nicht geraden Wegen des Lebens sich nicht entmutigen lassen, nach oben zu schauen, weiterzugehen, die Heiligkeit anzustreben und andere inspireren dasselbe zu tun – das hat mir diese Reise neu gelehrt.
Gemeinschaft
Vielleicht ist für mich die stärkste Erfahrung dieser Expedition die der Gemeinschaft gewesen. Einer der Teilnehmer sagte: „Ich habe hier in zwei Wochen Menschen, die ich vorher gar nicht kannte, besser kennengelernt als viele meiner Freunde, die ich seit Jahren kenne.“ Es ist wirklich erstaunlich, wie diese Reise uns zusammengeschweißt hat und eine Erfahrung von Kirche im kleinen geworden ist. So soll Kirche sein, denke ich mir. Transparenz, Offenheit und ehrlicher Umgang miteinander. Ein Ort, wo du einfach sein darfst, keine Masken tragen musst. Ein Ort, wo Menschen sich umeinander sorgen, einander gegenseitig ermutigen und inspirieren, ein Ort, wo echte Liebe gelebt wird, Versöhnung praktiziert, Opfer für den anderen gebracht wird, wo man aber einander auch Dinge sagen kann und muss, um einander zu helfen zu wachsen, ein Ort des Dienstes. Ein Ort, wo Gott in erster Stelle steht, wo aber auch Menschen, die noch nicht so einen Zugang zu Gott haben, mitgetragen werden können.
Mission
Ganz besonders schön für mich persönlich war, dass wir vor unsere Rückreise nach Österreich an zwei Abenden die Veranstaltungsräumlichkeiten einer Kirche mit Leuten füllen konnten, um den Menschen hier von unserer Reise zu berichten, über unsere Beweggründe zu sprechen und davon Zeugnis abzulegen, was uns bewegt hat, was wir gelernt haben, wie wir in der Beziehung zu uns selbst, untereinander und mit Gott haben wachsen dürfen.
Die Freude und die Begeisterung unserer Gruppe ist spürbar auf die Leute übergesprungen. Eine Tür zu Tür Mission hat sich noch nie so leicht gestaltet. Sei es der Haarschneider, den wir in West View angesprochen hatten, die Dame aus Wels, die bei Starbucks Powell River arbeitete und mit der wir dort gequatscht haben, die Dame von der wir ein Beach Ball abgekauft haben, die Chefredakteurin von der lokalen Zeitung, die dann sogar mit ihren beiden Eltern zur Vorstellung gekommen ist – ziemlich durch die Bank waren die Leute hier begeistert und interessiert. Auch gerade diese Reflexions- und Missionstage am Ende unserer Expedition haben mir wieder gezeigt, was für ein Potential in Adventure&Faith liegt.