Oh, das war die falsche Tür
Ein heißer Sommertag. Gott sei Dank gibt es Freibäder. Johannes macht die Tür zu den Duschen auf und geht hinein, verloren in seinen Gedanken. Das Problem ist, dass er die Dusche für Frauen betreten hat. Was ist die erste Reaktion von Brigitte, die nackt vor ihm steht? Sie greift nach dem Handtuch und bedeckt sich. Warum? Weil sie Angst haben muss, dass er etwas tun wird? Es war Johannes peinlich genug hier hineinzuplatzen. Um das zu merken, braucht Brigitte keinen Detektivblick. Angst vor seinem Tun muss sie keine haben. Mit einem verlegenen „Sorry“ verlässt er schon wieder den Raum. Hoffentlich hat das niemand gesehen!
Warum dann das Zudecken, wenn es doch keinen Grund zur Angst gibt? Ohne es zu sagen oder zu denken sagt ihr tun aber aus: „Man darf mich nicht einfach anschauen ohne meine freie Zustimmung. Ich will nicht, dass etwas für mich so intimes für diesen Unbekannten frei zugänglich ist.“ Warum aber ist das so? Sie hätte wahrscheinlich kein Problem, wenn Johannes ihre Schuhe oder ihren großen Zeh gesehen hätte. Die Teile ihres Körpers, die mit sexuellen Werten zu tun haben, scheinen etwas auf einer anderen Ebene auszulösen. Diese Teile zeigen etwas nach außen an die Öffentlichkeit, was für sie mit dem Geheimnis ihres eigenen Ich verbunden ist. Die Preisgabe dessen wird als eine Verletzung der eigenen Intimsphäre, als ein gewaltsames Eindringen in ihren verschlossenen Garten wahrgenommen.
Sie weiß: „Ich alleine habe zu sagen, wann der Garten geöffnet wird und wann nicht.“ Interessant dabei ist ferner, dass bei ihr das Schamgefühl hochsteigt, auch wenn die Grenze ihrer eigenen Intimsphäre unfreiwillig überquert wird: Johannes wollte sie nicht verletzen.
Brigittes Schamgefühl deutet auf ihren Wunsch hin, ihre Würde und damit sich selbst zu verteidigen – aber dies nicht nur vor etwaigen äußeren Überschreitungen des Johannes. Das ist höchst bedeutsam. Denn Taten sind von ihm höch