Wer als kirchlicher Mitarbeiter rein soziologisch auf die Kirche in unseren Ländern schaut, sollte bald einen neuen Job suchen. Denn es sieht nicht gut aus. Hier in Wien sprechen wir oft von unseren sehr ernüchternden Zahlen von jungen Katholiken, die ihren noch Glauben praktizieren (irgendwo bei 1% der noch nicht Ausgetretenen). Und da kann man sich entmutigen lassen und sagen: Welche Zukunft hat dieser Glaube? Warum sich für ihn einsetzen? Und vielleicht nagt es sogar an der eigenen Gottesbeziehung. Hat er wirklich noch die Zügel der Geschichte in seiner Hand? Verwalten wir denn nicht einfach den Untergang?
Wir müssen lernen, die Welt anders zu sehen. Durch die Augen des Herrn. Die Analyse soziologischer Faktoren können uns dabei helfen, aber „sie sagen uns nur wenig über das zukünftige Fortbestehen der Kirche. Sie lassen zwangsläufig den Glauben, die Wunder und den Heiligen Geist außer Acht. Sie liegen daher zwangsläufig nicht richtig, wenn es um die Wirksamkeit eines geistlichen Organismus geht, der seine Wurzeln im Himmel hat.“ So die Autoren von „Reset Church“ (die von uns vor kurzem veröffentlichte Übersetzung des Originals ist hier erhältlich). Sie führen wie folgt fort:
„Nehmen wir eines von vielen möglichen Beispielen aus der Geschichte: Frankreich um 1800 herum. Alles sah für die Kirche sehr düster aus. Wie die oben erwähnten Autoren erinnern: „Ein aufmerksamer Beobachter des Zustands der französischen Kirche um 1810 oder 1815 hätte nichts als Niedergang gesehen und angesichts einfacher soziologischer Daten eine katastrophale Auswirkung auf die Berufungen in der Zukunft vorausgesagt, mit allem, was dazugehört. Es kam jedoch anders. Im Jahr 1808 gab es in Frankreich 12.300 Ordensschwestern. Im Jahr 1878 waren es 135.000. Im Jahr 1830 gab es etwa 3.000 Priester aller Art im Dienst der französischen Kirche. Im Jahr 1878 waren es etwa 30.000, eine Verzehnfachung innerhalb von 60 Jahren, ihr Durchschnittsalter war 1878 deutlich jünger als 60 Jahre zuvor. Was auch immer man über das Geschick der Kirche zu jener Zeit sagen mag, es war offensichtlich, dass sie nicht im Begriff war, unterzugehen. […] Wenn die Kirche und der Glaube als ein rein menschliches Konstrukt betrachtet werden, haben die Zahlen natürlich eine größere Vorhersagekraft, die gängigen düsteren Prognosen werden dann eher eintreffen.“
Gott hat viel mehr Interesse an dieser Welt, unendlich viel mehr Interesse, als ich, als wir das jemals haben könnten. Er wird schon sein Ding machen. Wie und wann und wo, das ist seine Sache. Aber wir dürfen mitmachen. Wir dürfen hinschauen, wo er gerade Wellen baut, die wir lernen können zu surfen. Wir können auf das schauen, was er segnet, und versuchen dort mitzuwirken, uns zur Verfügung zu stellen. Gott scheitert nicht! Wie schön ist es, sich bereitwillig in seinem Dienst stellen zu dürfen, zu jeder Zeit mit der schöpferischen Kraft des Hl. Geistes auf die Herausforderung der Zeit Antwort zu geben! Und wie schön ist es, wenn Menschen sogar in den dunkeln Stunden, sich als Einzelne aber gerade auch gemeinsam ins Gebet begeben, mit einer Haltung der freudigen und zugleich ausharrenden Erwartung, dass er, der Herr auftauchen wird.