Leer. Gar nichts. Spurlos verschwunden. Eigentlich war das Nutella-Glas VOR der Fastenzeit noch dreiviertel voll. Jetzt kann man nicht einmal den Rest der Reste herauskratzen. Nicht einmal für eine heiße Schokolade wird es reichen. Mmm. Wer das wohl gewesen ist? Wahrscheinlich unser Hauskobold. Der ist für einiges in unserem Kloster verantwortlich. Eigentlich für alles, wenn wir nicht wirklich wissen, was oder wie es passiert ist. Trotzdem. Jeder weiß: Die Nutella hat sich nicht von selbst aus ihrem gläsernen Käfig herausgeputzt. Und doch. Das ist genau die Frage, vor der wir in dieser Nacht stehen. 
Das Grab ist leer. Entweder waren es die Jünger. Oder die Römer. Vielleicht doch der Gärtner? Nutellagläser entleeren sich nicht einfach mal so. Gräber auch nicht. Das will sagen: Christlicher Glaube fängt genau dort an. Beim leeren Grab. Nicht bei einer moralischen Frage. Nicht bei Überlegungen, wie wohl der Mensch die Gunst der Götter zu erwerben habe. Nicht bei einem „du sollst dies tun und jenes vermeiden“. Nicht bei einer theologischen Überlegung über abstrakte Gottesbegriffe. Nicht bei einer Aussage, dass nach Galileo und vor allem nach Kant die Gottesfrage nicht mehr wissenschaftlich und damit belanglos sei – denn was wirklich zähle, sei die Moral. Auch nicht bei der Frage, vor allem nach Feuerbach und Sartre, ob nicht Gott die Freiheit und das menschliche Wohlbefinden gefährde. Ja gut. Man könnte darüber auch die ganze Nacht diskutieren, Gründe nennen, warum eigentlich erst mit Gott Freiheit möglich ist oder warum es ohne Gott extremst schwer wird, überhaupt eine Moral zu begründen oder warum die Wissenschaft ihre Grundthese – die Verständlichkeit der Wirklichkeit – nicht wissenschaftlich begründen kann, aber … 
Der Glaube, der beginnt ganz woanders. Er beginnt mit einem Ereignis, mit einem Geschehen. Gott kommt in diese Welt als Mensch, entäußert sich, gibt sich für uns Menschen hin, sodass wir teilhaben an seinem Leben, stirbt, sodass wir leben können, er steht auf von den Toten, sodass wir ewig leben dürfen, mit und durch ihn. Keine andere Religion würde nur annähernd so etwas Ungeheuerliches behaupten. Relgionsstifter wollten uns Weisheiten von Gott und Göttern übertragen, sie waren ganz besonders begünstigte, vielleicht auch ganz besonders heiligmäßige Gottessucher. Keiner von ihnen hätte behauptet, Gott selbst zu sein. Ja. Die Lehre ist wichtig. Aber Jesus ging es damals und es geht es auch noch heute nicht an erster Stelle um einen Glauben an seine Lehre, darüber, wie wir uns zu verhalten haben. Es ging und geht um ihn selbst. Alles andere folgt. „Glaubt an mich!“ (Joh 14,1) (siehe aber auch Joh 3,16; 3,18; 3,36; 6,29; 1 Joh 5,10-13) „Glaubt wenigstens aufgrund der Werke“ (Joh 14,11) und die wären ohne dem größten Werk, der Auferstehung, bedeutungslos. Alles fällt oder steht mit der Auferstehung. „Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer und euer Glaube sinnlos“ (1 Kor 15,14)

Ist er auferstanden, ja oder nein? Wenn nein, dann gut, „lasst uns essen und trinken; denn morgen sind wir tot.“ (1 Kor 15,32) Aber wenn ja? Wenn nein, dann „sind wir erbärmlicher dran als alle anderen Menschen.“ (1 Kor 15,19) Aber wenn ja? Wenn nein, „seid (ihr) immer noch in euren Sünden“ (1 Kor 15,17), wenn nein, dann ist letztlich alles sinnlos, dann ist der Mensch ein Sein für den Tod (Heidegger), dessen Sein aber auch damit endet. Dann ist es egal, ob man Mutter Teresa oder ob Adolf Hitler hieß, denn letzte Gerechtigkeit, letzte Liebe und Güte, letzte Barmherzigkeit und Annahme, die gibt es sowieso nicht. Alles und jeder wird sowieso in einem universalen Grab enden. Nichts hat dann Ewigkeitswert und deswegen ist dann auch nichts absolut. Werte wie Frieden, Recht, Liebe gelten dann nur, wenn sie etwas für das eigene Heute bringen. Wenn nein, dann vergessen wir Solidarität und Nächstenliebe, denn man hat nur noch heute für sich selbst zu leben. Wenn nein, dann muss man alles was möglich ist, aus dem Hier und Jetzt herausquetschen, dann muss man versuchen, Ewigkeitswert aus dem Jetzt herauszusaugen, denn das letztliche Morgen, das gibt es nicht. Die Zeit, die habe ich dann nicht, weil sie mich hat, weil sie mich versklavt in den paar Jahren, die mir bleiben. Oder wie Benedikt XVI. sagen würde: „Die Hast ist das Zeichen einer Zeit, die die Auferstehung nicht kennt.“

Aber wenn ja? Wenn ja, dann beglaubigt der Vater den Sohn (vgl. Joh 6,27 & Apg 2,22), dann ist Jesus Christus der Gott, der er behauptete zu sein (vgl. zB Joh 8,58). Wenn ja, dann ist er das Ja Gottes zum Menschen (vgl. 2 Kor 1,19). Wenn ja, dann sind wir frei (Joh 8,36). Wenn ja, dann ist der Mensch nicht nur ein Wesen, das geboren wird, ein wenig arbeitet, heiratet, die Schulden abzahlt, am Ende seines Lebens in den Urlaub fährt, stirbt und das war es auch schon, sondern er ist Abbild Gottes, berufen in Gemeinschaft, mit diesem Gott zu leben, die Fülle an Leben und Freude zu genießen, gehalten und angenommen und geschätzt durch die ewige Wahrheit, die Liebe ist und Jesus Christus heißt. (vgl. Johannes Paul II. 3.3.1983, Costa Rica, Treffen mit Jugendlichen) Wenn ja, dann hat nicht der Karfreitag das letzte Wort. Wenn ja, dann leuchtet das Osterlicht die Nacht über von jedem Leid, jeder Krankheit, jedem Krieg und jeder Träne. Dann ist nicht mehr das Leben völlig sinnlos und absurd, dann leuchtet auf der Morgenstern (2 Petr 1,19), dann ist er „in unseren Herzen aufgeleuchtet, damit wir erleuchtet werden zur Erkenntnis des göttlichen Glanzes auf dem Antlitz Christi.“ (2 Kor 4,6) Wenn ja, dann sind wir nicht mehr Sklaven, sondern Freunde (Joh 15,15), Söhne im Sohn, dann können und dürfen wir rufen „Abba Vater!“ (Röm 8,15) Wenn ja, dann werden wir befreit vom Kerker der Schuld, wenn ja, werden wir befreit aus der Hölle der Isolation, werden hineingezogen in eine Beziehung, die uns trägt bis über den Tod hinaus in die Umarmung des unendlichen Gottes, der unser liebender Vater ist. Oh „Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?“ (1 Kor 15,55) Nichts kann uns „scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.“ (Röm 8,39) Wenn ja, dann dürfen auch wir mit Thomas zu seinen Füßen fallen und bekennen, „Mein Herr und mein Gott!“ (Joh 20,28) Wenn ja, dann werden wir erfahren dürfen, woran Jesus einst Marta erinnerte, als diese ihn darauf aufmerksam machen wollte, dass Lazarus nach vier Tagen Grabesruhe schon rieche: „Habe ich dir nicht gesagt: Wenn du glaubst, wirst du die Herrlichkeit Gottes sehen?“ (Joh 11,40)

Die Herrlichkeit Gottes sehen und erfahren, einen unerschütterlichen Glauben an die Auferstehung, das wünsche ich euch, das wünsche ich mir.
Frohe Ostern und Gottes Segen!

 

Das ist meine leicht abgeänderte Einleitung zum unserem 15. tägigen Newsletter. Den kann man hier abonnieren. Den gegenwärtigen Newsletter kann man hier downloaden.

Foto: eigen