Ordnung. Pfingsten ist vorbei. Ostern schon länger. „Ordinary time“ ist der Begriff im Englischen für die Zeit im Jahreskreis. Ein interessanter Gedanke. Wir kehren zurück zur gängigen „Ordnung“ der Dinge. Der „normale“ Jahreskreis erinnert uns wieder daran, dass die Dinge Gottes eine Ordnung haben. Vor Kurzem las ich einen Gedanken von Alfred Delp (Jesuit, von den Nazis ermordet): Es geht um die Grundordnung des Menschen. Das finden wir auch bei den Exerzitien des hl. Ignatius wieder. Der Sinn der Exerzitien sei es, das Leben zu ordnen. Was heißt das aber?
Zuerst heißt es, dass der Geist in Ordnung sein muss, um überhaupt ordnen zu können. Es geht nicht an erster Stelle darum, diszipliniert zu werden oder demütig zu sein oder barmherzig oder ausdauernd oder weniger abgelenkt im Gebet oder maßvoll. Diese Eigenschaften sind vielmehr die Realisierung einer Ordnung und setzen einen Selbstbesitz, eine gewisse Fähigkeit, über sich selbst verfügen zu können sowie eine Ordnungsrichtung voraus. Es geht auch nicht darum, dass man eine Einsicht gewonnen hat oder etwas versteht. Das gehört zwar dazu, aber die Größe eines Herzens und die Kraft des Geistes zeigen sich in der Fähigkeit, aus dem Erkannten „selbstverantwortliche Forderungen zu ziehen und Entscheidungen zu fällen“ (Delp).
Das heißt dann eben aber auch, dass es eine Ordnungsrichtung gibt. Gott ist ein Gott der Ordnung, der eine Ordnung der Liebe in seine Schöpfung hineingeschrieben hat. Und nicht, weil er etwas gegen uns hätte, sondern weil er uns liebt. Gerade weil er die Welt aus ihrem Selbstzerstörerischen, Sich-aus-dieser-Ordnung-ausreißen-Wollen retten will. In den Exerzitien von Ignatius gibt es inmitten der zweiten Woche (von den vier) eine Betrachtung über Christkönig: den Ruf des himmlischen Königs. Nach der ersten Woche der Exerzitien und ihrer Abwendung von der Sünde und der Unordnung, ihrer Klarheit über das letzte Ziel und die Bestimmung des Menschen, ihr größeres Verständnis-Schaffen, worum es eigentlich im Leben geht, kommt jetzt der Moment der Entscheidung. Delp beschreibt dies in beeindruckender Weise:
„Tatsächlich ist ja die Christkönigsbetrachtung auch nichts anderes, nicht mehr und vor allem nicht weniger als die Suche von Menschen, die aufgrund ihrer […] Größe dazu fähig oder bereit sind, nicht nur ein äußeres Schicksal mit Christus zu teilen oder für ihn auf sich zu nehmen, sondern das Leben seiner Seele zu wiederholen. Die inneren Haltungen Christi sind es, auf die der jesuitische Mensch in dieser Grundbetrachtung […] festgelegt und in Pflicht genommen werden soll. Zuerst und zunächst die Eroberung, die Übergabe des eigenen Geistes, alles andere, das äußere Schicksal, ob Kriegszug oder Triumphzug oder Kreuzweg, das ist dann eigentlich gar nicht mehr so wichtig und ergibt sich von selbst aus der inneren Christusförmigkeit im strengsten Sinne des Wortes.“
Es geht um die Liebe, die dann den anderen Lieben ihre Richtung und Ordnung verleiht, sie auf die eine große Liebe ausrichtet. „Der Orden (die Jesuiten) kennt eigentlich nur eine Liebe“ – bevor man ins Praktische und Vielfältige geht, geht es erst mal darum, das Eigentliche zu ordnen, sodass alles andere geordnet werden kann. Gott zuerst. Aber Gott zuerst nicht irgendwie. Es ist diese Liebe, die den Menschen auf Hohes ausrichtet, die ihn in eine Lebensordnung gemäß Gott hineinführt. Die Jesuiten haben da ein Wort, das uns vielleicht etwas fremd scheint, einen Gedanken aus vergangenen Zeiten: Ehre.
Delp beschreibt das so: „Der Geist muss den Mut zur Entscheidung und den Mut zum Wagnis haben. Ein Geist, der Sinn für Ehre und Einsatz hat. Animi magnitudo (Größe des Geistes) […] Es ist zunächst, aber nur zunächst und vorläufig, eigentlich gleichgültig, für wessen Ehre dieser Sinn hat. Aber ein Mensch, dem Ehre nichts sagt, der nicht innerlich Sinn für Höhe und Vornehmheit und großes Sein hat, der wird auch nicht in der Lage sein und die Fähigkeit haben, zu erfassen, was mit der Ehre Gottes, auf die er sich verpflichten soll, eigentlich gemeint ist. Dass das mit einer kleinen Rechnerei und einer engen Quälerei nichts mehr zu tun hat.“
Aber es ist in der Tat nur dieser Geist, der sich so verhält, der eigentlich in Ordnung ist. Der Ruf, in dieser Ordnung der Heiligkeit zu leben, möge in uns „als Aufgabe in die Seele gebrannt und möge als ewige heilige Unruhe und Vitalität dort brennen und uns drängen.“ (Delp) Und zugleich wissen wir, dass wir diese Größe erbitten und als Geschenk empfangen müssen. Aber es tut uns gut, neben der eigenen Schwäche und dem Unvermögen, sehr wohl an die Kraft der Gnade zu glauben, „in jeder Zeit Großes zu schaffen und zu wirken“ (ibid) … auch in uns, in dir, in mir. Heilige braucht das Land. „Geben wir uns nicht mit Mittelmäßigkeit zufrieden“ (hl. Johannes Paul II.).
Gottes Segen!
P. George LC