Durch die Sünde „am Anfang“, durch das Ergreifen des „Apfels“ (Gen 3,6), wird der Mensch erst wirklich einsam in einem negativen Sinn. Erst durch die Grenzüberschreitung, den Missbrauch der eigenen Freiheit, beginnt er in Feindschaft mit Gott, aber auch mit anderen Menschen zu geraten. Das ruft Ängste hervor:

„Da geriet ich in Furcht … und versteckte mich“ (Gen 3,10 – Adam, nach dem Ergreifen des Apfels). Die Feindschaft, oder die ängstliche Beziehung, beschränkt sich nicht nur auf Gott, sondern bezieht sich sogar auf den Partner. Die „Feigenblätter“ (Gen 3,7), die Masken, werden nicht nur vor Gott, sondern eben auch vor dem Partner angezogen. Der Mensch lebt nicht mehr eine Logik des Schenkens, sondern eine Logik des Nutzens, wo er natürlich dann Angst haben muss, selbst benutzt zu werden. Er ist isoliert, ausgegrenzt: von sich selbst, von anderen Menschen, von Gott. Wo man Masken aufsetzen muss, um sich in einer Beziehung vor Verletzungen zu schützen, da fällt es einem schwer, man selbst zu sein. In einer solchen Situation kann man nicht wirklich von einer Öffnung des verschlossenen Gartens sprechen. Das eigene Ich wird nicht wirklich gezeigt. Höchstens täuscht man etwas vor, vielleicht sogar mittels physischer Intimität und Nähe, aber man weiß: Man lebt eine Lüge, die physische Nähe entspricht keineswegs der inneren Wirklichkeit der Beziehung. Ängste treten zu Tage, da das, was gezeigt wird, ausgenutzt oder nicht wirklich angenommen werden konnte.

Erfahrungen der Einsamkeit

Fassen wir zusammen: Die Erfahrung der Einsamkeit „am Anfang“ hat eine doppelte Bedeutung. Erstens ist sie eine Erfahrung davon, kein Objekt, sondern ein „Ich“ zu sein, das niemals als Objekt benutzt, niemals als Mittel zum Zweck für die Ziele anderer missbraucht werden darf. Es ist eine Erfahrung der eigenen Intimsphäre, des eigenen Ichs, dessen Würde, Größe, Unantastbarkeit und Freiheit. Zweitens macht sie deutlich, dass man gerade dieses eigene Ich paradoxerweise nur in einer Beziehung der Liebe, des gegenseitigen Sich-Schenkens, erfahren kann. So entsteht dann die Erfahrung der dritten Bedeutung von Einsamkeit: Dort, wo Liebe ausgenützt wird, wo die Intimsphäre des anderen aufgebrochen und verletzt wird, wird die Liebe degradiert. Hier tritt immer mehr eine Entfremdung zu Tage. Mit dem Begriff Einsamkeit meinen wir eine Schattierung des Eros, denn im Menschen besteht trotz aller Entfremdung und Verletzung eine Sehnsucht nach Einsamkeit im ersteren und zweiten Sinne. Das heißt, im Menschen ruht ein tiefes Verlangen danach, niemals zum Gebrauchsgegenstand degradiert zu werden und niemals einen anderen zu einem solchen zu degradieren. Zweitens verlangt es den Menschen tief danach, sich jemand anderem zu schenken. Und paradoxerweise findet der Mensch sich selbst nur so wirklich als „jemand, der kein Gebrauchsgegenstand ist“, als „jemand, der um seiner selbst willen geliebt ist“ wieder. Er verlangt nach einer zwischen-menschlichen Beziehung, die frei von jeglicher Abhängigkeit ist, wo er sein darf, was er ist, wo Freiheit herrscht.

Dieser Beitrag gehört zur Serie von Beiträgen zum Thema “Theologie des Leibes” und stammt aus meinem Buch, “God, Sex & Soul”.

 Foto: Pixabay (Stand 05.03.2015)