Wir sitzen in einem Wohnzimmer. Die ältere Dame im Sessel vor mir hält ein eingerahmtes Foto aus vergangenen Jahren in den Händen. Darauf sieht man drei Kinder, vielleicht zwischen fünf und zehn Jahren. „Das sind die Enkel“, sagt sie und streicht mit dem Zeigefinger etwas Staub vom Fotorahmen. „Da waren sie noch klein, jetzt sind sie schon erwachsen.“ An die oma denken sie nicht mehr, höchstens zu Weihnachten oder wenn die oma zum Geburtstag Geld schenkt. Wie es denn um den Glauben bestellt sei, frage ich vorsichtig. Sie schaut zur Seite und seufzt: „Weiß ich nicht. Zur Kirche gehen sie jedenfalls nicht. Irgendetwas glauben sie wohl, aber es ist so ein zusammengesponnenes Zeug. Das ist für mich das Schlimmste.“ Solcher Schmerz ist kein Einzelfall. Der Verlust des Glaubens oder der kirchlichen Praxis prägt viele Familien. Längst ist in kirchlichen Kreisen die Rede von der Notwendigkeit einer neuen Verkündigung des Glaubens, also von einer neuen Evangelisierung. Am 21. September 2010 rief Benedikt XVI. den Päpstlichen Rat für die Förderung der Neuevangelisierung ins Leben. Sein Pontifikat war geprägt von Bemühungen um die Erneuerung des Glaubens. Er selbst sprach oft von den Grundlagen und den allgemeinen Anforderungen der Neuevangelisierung. Dabei betonte er besonders, dass jeder einzelne Getaufte persönlich berufen ist, für den Glauben einzutreten. Manches Mal wurde er auch konkret. So erwähnte er z.B., dass das Erzählen ein besonderes Mittel der Glaubensweitergabe ist. Das geschah auf seiner Reise nach Malta, als er am 17.04.2010 beim Besuch der Grotte des hl. Paulus folgendes sagte: „[…] Von diesem heiligen ort aus, von dem die Verkündigung des Apostels sich zuerst auf diese Inseln verbreitete, rufe ich einen jeden von euch dazu auf, die spannende Herausforderung der Neuevangelisierung anzunehmen. Lebt euren Glauben in immer größerer Fülle – gemeinsam mit den Mitgliedern eurer Familien, mit euren Freunden, in der Nachbarschaft, am Arbeitsplatz und im ganzen Gefüge der maltesischen Gesellschaft. Insbesondere bitte ich eindringlich die Eltern, Lehrer und Katechisten, den anderen von ihrer