Einswerden und das Kennenlernen

Und was geschieht, wenn sich der Mann und die Frau nun einander schenken? Sie erkennen, dass sie Freiheit besitzen, dass sie freie Menschen sind, weil sie schenken können, aber nicht schenken müssen. Und dadurch schenken sie sich gegenseitig eine tiefere Erkenntnis ihrer selbst, ihrer Würde und Größe. Aber man hilft dem anderen auch, eine ganz neue Dimension seines Selbst zu entdecken und zu werden. „Ich schenke dir die Möglichkeit, dass du der Vater meiner Kinder wirst, mein Mann, …ich schenke dir die Möglichkeit, Mutter zu sein, meine Frau.“ Sich selbst zu erkennen als Mann dieser Mann/Vater ihrer Kinder oder als Frau dieses Mannes/Mutter seiner Kinder: Das wäre völlig unmöglich, ohne den anderen. Aber nicht nur die Erkenntnis wird geschenkt, sondern eben auch die Wirklichkeit selbst: Ohne den anderen könnte man niemals Vater, Mutter, Mann oder Frau des anderen werden. Das heißt, gerade in der Gemeinschaft wird das Selbst erweitert. Beides aber – die Erkenntnis und die Tatsache – verwirklichen sich über den Körper.

Noch mal anders gesagt: „Adam erkannte Eva, seine Frau; sie wurde schwanger und gebar Kain.“ (Gen 4,1) In Genesis, aber auch in der ganzen Bibel, wird das Miteinander-Schlafen von Mann und Frau mit dem Wort „erkennen“ umschrieben. Sie erkennen einander, wenn sie sich aneinander binden. Wenn Eva ihren eigenen Körper betrachtet, wenn Adam seinen Körper betrachtet, und beide den Körper des anderen betrachten und sehen und spüren und einander näher kommen, dann beginnen beide zu erahnen: Wir sind füreinander bestimmt. Aber eben nicht irgendwie als Resultat blinder Instinkte und Triebe. Sondern aus einem bewussten „Ja“ für den anderen heraus. Nicht aus einem „Muss“, sondern aus einem „Ich will“. Es ist dieses bewusste „Ja“, das das Schenken ermöglicht. Das bewusste „Ja“ deutet hin auf die Freiheit, ohne die die Liebe eine Farce wäre und die zugleich Voraussetzung für die Möglichkeit ist, jemandem etwas oder sich selbst zu schenken. Und daher beschenken beide einander zuallererst mit einer tieferen Kenntnis ihrer selbst: Ich bin ein freier Mensch, ich bin kein Ding wie dieser Stein da, ich habe die Fähigkeit zur Selbstbestimmung, ich bin Herr über mich selbst. Zugleich schenken sie eine weitere, nicht theoretische, sondern sehr spürbare und praktische Erkenntnis: Ich bin geliebt um meiner selbst willen. Ich bin Objekt der Liebe, nicht eines Egoismus, die den anderen für sich selbst braucht oder nutzt, sondern einf