Gemeinschaft – Das Wir
Ich hab das „Ich“ verlernt und weiß nur: wir.
Mit der Geliebten wurde ich zu zwein;
und aus uns beiden in die Welt hinein
und über alles Wesen wuchs das Wir.
Rainer Maria Rilke
Die Uhrzeit habe ich schon längst aus dem Blick verloren. Ich sitze auf einer Couch, neben mir hatte sich schon Stunden vorher ein guter Freund und Liebhaber der zeitgenössischen Kunst platziert. Es gibt viel zu besprechen. Das kann lange werden. Aber egal. Dafür sind Freundschaften ja da. Vor uns auf dem Tisch steht sein Laptop. Kunst kann man eigentlich nicht einfach in geklonter Form betrachten, und schon gar nicht die zeitgenössische. Aber wir haben es uns trotzdem erlaubt, hier lässt es sich leichter diskutieren, wenigstens heute. Ein entblößter Oberkörper eines Mannes. Nichts Außergewöhnliches. Was aber auf mich einen tiefen Eindruck macht: Die Handabdrücke. Sie haben sich nämlich im Oberkörper verewigt. Nicht indem sie rein äußerlich auf die Oberfläche gemalt oder eintätowiert wären, sondern indem der Körper selbst sie umfasst und zugleich von ihnen eingedrückt wird – so ähnlich wie Handabrücke im Sand, nur, dass es Handabdrücke im Körper sind. Ich weiß jetzt schon, „The birth of Us (Boy)“ von Anders Krisár werde ich nicht so schnell vergessen.
Das war Anfang 2013. Aber auch heute noch finde ich dieses Kunstwerk einfach genial. Dass ein „Wir“ aus einem Ich und einem Du geboren werden kann, macht ja gerade der Körper möglich. Begegnungen hinterlassen Spuren. Je ti