Was hat uns Weihnachten eigentlich gebracht? Eine Frage, die sich nach 2020 dringlicher stellt als sonst. Dieses Jahr ist nicht nur mühsam und lästig gewesen. Für viele war es schlimmer. Und wie es jetzt weitergehen soll, das wissen wir auch nicht wirklich. Bis Sommer 2021 soll es besser werden. Dass es bald besser werde, haben wir allerdings schon letzten März gehört. Die Jagd auf englische Schifahrer in der Schweiz hat begonnen. Gleich geht’s wieder von vorne los. Déjà-vu. Wer weiß, was 2021 für uns parat hat. Gut, dass wir zu viele Teetassen bestellt haben.

„Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich: Freut euch!“ (Phil 4,4) Natürlich könnten wir jetzt versuchen, uns damit zu trösten, dass es schon mal viel schlimmer gewesen ist. Der II. Weltkrieg hat auch nicht nur ein paar Monate gedauert. Und dann gibt’s ja noch das Jahr 536. Das ist vielleicht interessant. Löst aber mein Problem von heute nicht.

Heute Morgen ist mir der 1. Petrusbrief in den Sinn gekommen: „Deshalb seid ihr voll Freude, wenn es für kurze Zeit jetzt sein muss, dass ihr durch mancherlei Prüfungen betrübt werdet. Dadurch soll sich eure Standfestigkeit im Glauben, die kostbarer ist als Gold, das im Feuer geprüft wurde und doch vergänglich ist, herausstellen – zu Lob, Herrlichkeit und Ehre bei der Offenbarung Jesu Christi. Ihn habt ihr nicht gesehen und dennoch liebt ihr ihn; ihr seht ihn auch jetzt nicht; aber ihr glaubt an ihn und jubelt in unaussprechlicher und von Herrlichkeit erfüllter Freude, da ihr das Ziel eures Glaubens empfangen werdet: eure Rettung.“ (1. Petr 6-9) Man muss nur den Circus Maximus in Rom besuchen, um sich daran zu erinnern, was „mancherlei Prüfungen“ damals bedeuten konnten. Kein Kindergeburtstag. Und doch. Freude. Und nicht irgendwie. Jubel. Unaussprechlich. Von Herrlichkeit erfüllt.

Wir leben nicht im Paradies. Vielleicht hat uns Corona wieder daran erinnert. Wir haben nicht alles in der Hand. Wir sind nicht unsere eigenen Glücksschmiede. Freude, wirkliche Freude, wird uns zugetragen, ist ein Geschenk, nicht Produkt eigenen Schaffens.

Was hat uns Weihnachten gebracht? Gott. Gott hat es uns gebracht. Und damit die Freude. „Freut euch im Herrn zu jeder Zeit…Der Herr ist nahe“ (Phil 4,4-5). Zu Weihnachten wird Gott Mensch, um den Menschen zu vergöttlichen.  An seinem eigenen Leben sollen wir teilhaben. Gott selbst ist das höchste Gut, das uns geschenkt wird – und der dann wirklich unser ist und in dem wir ruhen dürfen. Denn „wenn Gott schenkt, schenkt er nur sich selbst.“ (Benedikt XVI.) Er ist nicht zufrieden mit halben Sachen.

Wir sind nicht allein. „Auch wenn ich gehe im finsteren Tal, ich fürchte kein Unheil; denn du bist bei mir.“ (Ps 23,4) Er hat uns nicht vergessen. Er hat mich nicht verlassen. Er steht vor der Tür unserer Herzen. „Sehe, ich stehe vor der Tür und klopfe.“ (Offb 3,20) Er ist der „Emmanuel“, der „Gott-mit-uns“. Er ist der Gott, der da ist. (vgl. Ex 3,14) Auch gerade jetzt. Wie man Lobpreislieder singen kann, bevor man am nächsten Tag hingerichtet werden soll, das möchte ich im Himmel mal den hl. Paulus (vgl. Apg 16,25) fragen, oder die Karmelitinnen von Compiègne. So weit bin ich noch nicht. Aber was ich schon merken darf: Wenn Gott da ist, wenn ich in Freundschaft mit ihm lebe, dann wird viel Wichtiges ziemlich egal und ziemlich viel Egales wird auf einmal ziemlich wichtig. Oder besser: Wo Gott auftaucht, ändert sich dort mehr oder weniger … ALLES. Und dort kann man jubeln, sogar wenn man den Löwen zum Fraß vorgeworfen wird. Logisch ist das nicht. Oder vielleicht gerade doch. Vielleicht ist es im Letzten das Einzige, was wirklich Sinn ergibt, Sinn hat.

Was ich mir zu Weihnachten wünsche – und eben auch euch –, ist eine tiefe Erneuerung unseres Glaubens, der Hoffnung, der Liebe. Dass wir erneut erfahren dürfen, wer wir eigentlich sind. Wie groß unsere Würde als Gotteskinder ist. Wie heftig seine Liebe für uns wirklich weht. Was für Feuersflammen seine Leidenschaft für uns ausmacht. Wie verwundbar er sich uns in einer Krippe ausliefert und in der Eucharistie überreicht und uns durchtränken will. Unsere „2020sucks“-Mission pausiert für die Weihnachtstage. Lernen wir aber neu, Hoffnungsträger zu werden, Zeugen der Freude, die uns erfüllt. Wie sehr er uns von der Krippe zu sagen scheint: „Willst du mir nachfolgen? Willst du denselben Weg gehen wie ich? Bist du bereit für das Abenteuer? Willst du mein Jünger sein?“ Er ist die Hoffnung der Welt.

Frohe Weihnachten!

P. George Elsbett LC