Feuer von oben. So lautet auch unsere neue Predigtserie im Zentrum Johannes Paul II. Das Ziel des Menschen heißt Vergöttlichung. Aber nicht in einem pantheistischen Sinne. Als würden wir alle Gott selbst werden. Oder ein Funken von ihm. Es geht um eine Beziehung. Aber um diese Beziehung zu ermöglichen, muss Gott uns erst mal auf seinen Level bringen. Ja. Kann ich mit einem Baum, einem Stein, meinem Hund eine Beziehung haben? Ja, irgendwie vielleicht. Aber es ist nicht dasselbe, wie wenn ich mit einem Menschen in Beziehung trete. Besonders dann, wenn es eine Liebesbeziehung ist. So ähnlich wie von Gott mit uns Menschen. Beziehung mit Gott geht dann, wenn wir ihm auf Augenhöhe begegnen können.

 

Und das geschieht so, sagt der Christ, indem Gott zu meinem Menschsein hinabsteigt, er selbst Mensch wird, um mich zu sich emporzuheben. Das Gewaltige der christlichen Botschaft besteht in der Behauptung, dass ein Mensch unter uns weilt, der wirklich ganz Mensch ist und in allem uns gleich, außer der Sünde, der Gott selbst ist. Sein Gottsein und sein Menschsein sind in ihm radikalst vereint und zugleich weder unvermischt noch verwässert. Das Menschliche zieht das Göttliche nicht hernieder, noch zerstört oder überwältigt das Göttliche das Menschliche. Die eine Person, der ewige Sohn des Vaters, ist zugleich vollkommen Mensch und vollkommen Gott.

 

An dieser Verbindung seines Menschseins mit seinem Gottsein will er uns teilhaben lassen. Unser Menschsein wird vereint mit dem Gottsein Gottes, „durch ihn und mit ihm und in ihm“, durch den wir jetzt wirklich „Abba, Vater!“ rufen dürfen. Und das macht uns nicht weniger Mensch. Im Gegenteil. Erst durch Christus können unser eigentliches Menschsein und die Fülle seiner Bestimmung zum Vorschein treten. Erst durch ihn erkenne ich den Menschen und die Größe seiner Berufung wirklich. Denn das Gottsein Gottes durchdringt alles, was menschlich in uns ist und erhebt und veredelt, vergöttlicht es eben. Wenn ich es zulasse. So ähnlich wie eine gute Ehebeziehung die einzelnen Partner selbst nicht weniger macht, sondern etwas Größeres und Edleres schafft, als man es allein jemals hätten werden können. Nur mit dem Unterschied, dass die Tiefe, die Wesensveränderung in meiner Beziehung mit Gott unendlich das übersteigt, was in einer zwischenmenschlichen Beziehung möglich wäre. Nie vollkommen in dieser Welt. Und doch. Darf ich das hier sehr wohl schon verkosten. Es erfahren. Ewiges Leben ist keine einfache Vertröstung auf eine zukünftige Welt, sondern schon in seinen Ansätzen diesseitige Erfahrung. Es ist ein Geschenk Gottes, durch das wir zu Gott emporgehoben werden und ihm auf Augenhöhe begegnen können. Nicht, weil wir so toll sind, sondern weil er das wollte.

 

Und wie heißt dieses Geschenk, das uns erhebt und verwandelt? Wir haben ihm den komplizierten Begriff „heiligmachende Gnade“ gegeben. Diese Gnade bleibt mir aber nicht äußerlich, sondern verwandelt mich innerlich. Weil sie mich inmitten des göttlichen Liebes- und Lebensaustausches der drei göttlichen Personen Vater, Sohn und Geist hineinstellt und daran im Sohn – kraft des Heiligen Geistes – teilhaben lässt.

 

Herr, gib uns zu trinken davon.

Dein Wort ist nicht irgendein Ton.

Es dringt in uns ein

wie Feuer, wie Wein:

Wer glaubt, der hat schon

Das Leben im Sohn,

dem Urquell der lebendspendenden Wasser des Heils.
(Hymnus des Stundengebets)

 

Diese „Gnade“ sollte ich aber nicht so sehr als ein Ding verstehen, sondern vielmehr als die Art und Weise, wie Gott mir innewohnt und mich an seinem Leben teilhaben lässt. So wie bei zwei Geliebten. Etwas von mir lebt im Geliebten, etwas vom Geliebten lebt in mir. Gott lebt in mir. Das Feuer von oben eben, das mir in der Taufe zuteilwird. Der Geist, der kein vages Energiefeld ist, sondern Gott selbst. Eine Person. Ein Du. Denn die Liebe gibt es nur dort, wo zwei Freiheiten eine Freiheit werden und doch zwei bleiben, sich gegenüberstehen. Dieser Geist ist die liebende Vereinigung von Vater und Sohn. In mir brennt sein Feuer.

 

Einfach ausgedrückt in biblischer Sprache: Gott will mich heiraten. Nicht, weil Hochzeit die Erklärung der Liebe Gottes für mich wäre. Eigentlich ist es andersherum. „Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden und die zwei werden ein Fleisch sein. 32 Dies ist ein tiefes Geheimnis; ich beziehe es auf Christus und die Kirche.“ (Eph 5,31-32) Und doch. Wenn Gottes Liebe eheliche Liebe unendlich übersteigt: Es ist Hochzeit, bräutliche Liebe, weil sie ganz ist. Gott ist in Jesus für uns engagiert, mit dem, was ihm am Innigsten und Intimsten ist. Er gibt sich ganz. Er wartet auf unser Ganzes.

 

Das sagt schon die erste Lesung des heutigen Sonntags (Jes 62,1-5): „Wie der Bräutigam sich freut über die Braut, so freut sich dein Gott über dich.“ Und deswegen findet das erste Wunder von Jesus während einer Hochzeit statt (Joh 2,1-11).Und bei dieser Hochzeit gibt sich der Bräutigam ganz hin für seine Braut. 600 Liter vom besten Wein. Im Johannes-Kapitel 3 heißt es „ohne Maß gibt er den Geist“, in Kapitel 4 „Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr Durst haben; vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in IHM zu einer Quelle werden, deren Wasser ins ewige Leben fließt“, in Kapitel 7 „Wer Durst hat, komme zu mir, und es trinke, wer an mich glaubt. Wie die Schrift sagt: Aus seinen Inneren werden Ströme von lebendigem Wasser fließen. Damit meinte er den Geist, den alle empfangen sollten, die an ihn glauben.“ Und dann am Kreuz in Kapitel 19: „Einer der Soldaten stieß mit der Lanze in seine Seite und sogleich floss Blut und Wasser heraus …“ – ein Hinweis auf den Felsen in der Wüste, der den Juden 40 Jahre lang Wasser gegeben hat. Aber auch an das Lamm, das durchbohrt werden sollte, um diese Befreiung aus der Sklaverei zu bewirken. Hochzeit.

 

Jordan, sing!

Schwing deine Wasser

über die Wüste hin.

Trunken bist du vom Glanz dahin.

Jesus, der Christus,

steht als Lamm in den Fluten.

Menschheit auf!

Lauf ihm entgegen,

deine Geburt ist nah!

Sieh, der Geliebte, die Hochzeit ist da:

Trink seinen Wein,

den neuen, glühenden, guten!

(Hymnus des Stundengebets)

 

Es ist der 3. Tag. Kana in Galiläa. Sonntag, die Auferstehung. Zugleich, in der Erzählung des Johannes, der 6. Tag. Der Tag, an dem die Lämmer geschlachtet werden. Der Karfreitag. Die Hochzeit findet am Kreuz statt. In der Hingabe. Im Tod. Jesus verwandelt Wasser in Wein. Wein in sein Blut. Das uns durchbluten soll. 6 Krüge Wasser. Wie die 6 Männer der samaritischen Frau, die beim Schöpfen des Wassers den eigentlichen Bräutigam Jesus trifft, wie damals der Patriarch Jakob seine Frau genau an diesem „Jakobsbrunnen“ auch zur 6. Stunde getroffen hat und ihr ermöglichte, dann Wasser zu schöpfen, wenn man eigentlich kein Wasser schöpfen konnte (Gen 29,6ff). Dieselbe Stunde, wo Jesus von Pilatus zum Tod verurteilt wird. Er ist der Bräutigam, die Quelle lebendigen Wassers, von dessen durchbohrter Seite wir „reingewaschen werden im Blut des Lammes“. Sein Krug war voll. Und er hat sich völlig entleert. Aus seiner Seite entströmten Blut und Wasser, weil es kein Blut mehr gab. Er war der ausgegossene Wein, der seinen Geist aushauchte und ihn dadurch uns übergab.

 

Komm, Herr Jesus, Maranatha.

Du wirfst dein Feuer zur Erde

und willst, dass es brennt,

und wir sind der Mund, der anbetend dein Kommen bekennt.

Komm, Herr Jesus, Maranatha!

(Hymnus des Stundengebets)

 

Taufe ist ein Todesgeschehen. Und damit Hochzeit. Hingabe. Verwandlung. Wir bieten unsere Krüge und das Wasser dar, das wir sind. Lassen uns verwandeln durch ihn. Ausgießen von ihm für die Welt. Bringen uns ihm als Gabe dar. Fallen vor ihm ganz Fallen vor ihm nieder. Mit allem, was wir sind. Halten uns ihm hin. Stellen uns ihm gänzlich zur Verfügung. Folgen dem „Was er euch sagt, das tut!“, um die größte Freiheit zu finden. Eine unsägliche Liebe. Einen unfassbaren Frieden. Eine tiefe Geborgenheit. Es gibt nichts. Nichts, das sich mit der „Gnade“ vergleichen lässt, die uns heiligt. Und deswegen gibt es auch nichts, nichts, das wir mehr hüten, mehr schützen, dem wir mehr Raum in unserem Leben geben sollten als der Gnade, die uns heiligt. Auch wenn es uns das Leben kostet.

 

„Hauptsach´ gesund.“ Vielleicht lässt uns gerade diese Zeit daran erinnern: Es gibt etwas Wichtigeres als die Gesundheit, auch wenn die Gesundheit ein hohes Gut ist. Es gibt etwas Wichtigeres als die Hygiene der Hände: die Hygiene der Seele. Es gibt etwas Wichtigeres als den Maskenschutz: den Schutz vor allem, was die Gnade in mir mindern oder sogar zerstören könnte. Es gibt eine Tragödie, die ihresgleichen sucht: den Verlust an göttlichem Leben in mir durch das, was wir schwerwiegenden Missbrauch der Freiheit, gravierende Unterlassung der Verantwortungsübernahme für die eigene Freiheit oder auch einfach schwerwiegende Sünde nennen. Aber es gibt auch nichts Größeres, als in dieses Leben einzutreten, das wir das Leben der Gnade nennen. Das Feuer von oben. Durch die Taufe. Durch eine tiefgreifende Beichte. Durch aufrichtige Reue. Durch ein Sich-lieben-Lassen von ihm, der uns auch aus dem tiefsten Sumpf herausholen kann und will. Und es gibt nichts Schöneres und Großartigeres, als jemanden den Weg zu dieser Gnade zu deuten, auf dem Weg dorthin Orientierung zu geben oder auf dem schon begonnenen Weg zu stützen.

 

Deswegen freut es mich so, dass wir diesen Newsletter vor allem dem Thema Alpha widmen dürfen. Denn warum machen wir Alpha, wenn nicht deswegen, weil wir durstige Menschen sind, die anderen durstigen Menschen davon erzählen wollen, wo sie Wasser finden können? Wasser. Das Wasser, das zu Wein wird. Vom Besten und Feinsten.

 

Sieh, der Geliebte, die Hochzeit ist da:

Trink seinen Wein,

den neuen, glühenden, guten!

Herrliches All!

Fall vor ihm nieder,

bring dich als Gabe dar!

Christus verwandelt dich wunderbar.

Ewiges Leben

wird dich im Tode durchbluten!

 

Herr, gib uns zu trinken davon.

Dein Wort ist nicht irgendein Ton.

Es dringt in uns ein

wie Feuer, wie Wein:

Wer glaubt, der hat schon

das Leben im Sohn,

dem Urquell der lebenspendenden Wasser des Heils.

Du Wort des Herrn bist ein Schwert,

das Sehne und Mark durchfährt

und Wahrheit heißt

und Macht ist und Geist,

das ewig währt

und uns verklärt

in der Kraft der lebenspendenden Wasser des Heils.

(Hymnus des Stundengebets)

Gottes Segen!

P. George

Um die „Predigtversion“ dieses Beitrages anzuhören, folgen Sie diesen Link:

 

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