Wie das war? Das ist schwer zu beschreiben. Du musst es gehört haben. Wenn du nicht selbst dabei gewesen bist, dann hört sich alles, was ich sage, wahrscheinlich an wie Blabla. Ein „I have a dream“ von Martin Luther King jr. ist ganz anders als wenn ich in inmitten eines Artikels den Satz „I have a dream“ lese. Ein gelesenes „Mr. Gorbachev, tear down this wall!“ ist ganz anders als wenn du es selbst gehört hast, dort an der Berliner Mauer gestanden bist, als Ronald Reagan diese Worte gesagt hat. „Er ist der Weg! Er ist die Wahrheit! Er ist das Leben!“ liest sich so leicht. Aber ganz anders ist es, wenn du dabei warst, als der hl. Papst Johannes Paul II. diese Worte den Chilenen 1987 in einem Fußballstadion zugerufen hat. Mir kommen heute noch die Tränen. Und ich war nicht einmal selbst im Stadion. Und doch. Worte, die ins Herz dringen, die da etwas freilegen, die ganz tief dort widerhallen. Mehr noch. Wie muss es gewesen sein, als Jesus selbst diese Worte sprach? Alle vier Evangelien bezeugen die außergewöhnliche Tiefe und Kraft, die in den Worten Jesu lag. „Alle Leute waren von seiner Lehre sehr beeindruckt“ (Mk 11,18), „Sie waren sehr betroffen von seiner Lehre, denn er redete mit (göttlicher) Vollmacht.“ (Lk. 4,32) „Als Jesus diese Rede beendet hatte, war die Menge sehr betroffen von seiner Lehre; denn er lehrte sie wie einer, der (göttliche) Vollmacht hat, und nicht wie ihre Schriftgelehrten.“ (Mt 7,29) Sogar die Tempelgarde, die den Auftrag hatte, Jesus festzunehmen, kam ohne Jesus zu den Hohenpriestern zurück mit der Begründung: „Noch nie hat ein Mensch so gesprochen.“
(Joh 7,46)
Am heutigen Sonntag, den Weltgebetstag für Berufungen, werden wir die Worte hören, „Meine Schafe hören meine Stimme; ich kenne sie und sie folgen mir“. Was war das denn mit der Stimme Jesu? Und wie ist das heute, wenn Jesus zu einem Menschenherzen spricht? Und das tut er ja. Denn er lebt ja heute. Er ist ja da. Wir feiern Auferstehung. Vielleicht haben wir noch nicht alle Konsequenzen dieser allem zugrundeliegenden Glaubenswahrheit gezogen. Er kann zu mir sprechen und auch zu dir. Hier. Jetzt. Wie ist das, wenn er spricht? Vielleicht habt Ihr das mal erlebt, wie ein Wort von ihm so ganz tief ins Herz hineindringen kann, „denn lebendig ist das Wort Gottes, kraftvoll und schärfer als jedes zweischneidige Schwert; es dringt durch bis zur Scheidung von Seele und Geist, von Gelenk und Mark; es richtet über die Regungen und Gedanken des Herzens“? (Heb 4,12) Ich könnte da an einige Worte denken, die mich in gewissen Momenten einfach ordentlich erwischt haben, „Liebst du mich?“ (Joh 21,17) oder „Fürchte dich nicht!“ (Lk 1,30) oder „Steh auf und geh!“ (Lk 17,19) oder ganz besonders auch, „Wenn ich will, dass er bis zu meinem Kommen bleibt, was geht das dich an? Du aber folge mir nach!“ (Joh 21,22)
„Wir reden von den Jugendlichen, die unter all den Stimmen, die sie umgeben, verwirren und verzaubern, eine Stimme erkannt haben, eine Stimme mit einem einzigartigen, geheimnisvollen, aber unverwechselbaren Ton, ernst aber sanft, mild aber kräftig, eine leise und vertrauliche Stimme, die im Inneren ertönt, als würde sie dort, im geheimen Ort des Gewissens, peinigen und draußen beruhigen, im Vertrauen eines ruhigen und Autorität besitzenden Rates, ein Ruf, der, indem er diese innere Stimme deutet, besagt, dass sie von Gott stammt und dass sie sich an die Jugend richtet, die sich nicht vor den großen Dingen fürchtet, die eher das fürchtet, was böse und mittelmäßig ist.“
Am Sonntag ist Weltgebetstag für Berufungen. Und das war soeben ein Zitat des seligen Papstes Paul VI. zu Seminaristen in Rom am 4. November 1963. Er fuhr fort:
„Es ist eine Stimme, die zu ein und derselben Zeit ein Aufruf und ein Befehl ist, eine Stimme so einfach wie ein Seufzer und so tief wie ein Drama, die Stimme Christi, die heute wieder, und heute mehr denn je, besagt: ´Komm, folge mir nach!´ Ihr jungen Leute, die ihr mir zuhört, habt ihr diese Stimme gehört: ´Komm, folge mir nach´? Sie spricht weiter: ´Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen, sondern wird das Licht des Lebens haben.´ Ihr wisst wohl, wie man diesen Dialog nennt. Es ist eine Berufung und jeder von uns hütet sie im eigenen Herzen, als das Geheimnis seines Lebens, die Richtung seiner Zukunft, die Kraft seines Tuns: ´Komm, folge mir nach!´ Erlaubt mir, dass ich als Stellvertreter Christi, als Stellvertreter jenes Jesus, der diese Worte zuerst an seine Jünger und späteren Apostel gerichtet hat, sie wiederholen und an euch richte: aber auch an eure Freunde und alle jungen Menschen der Gegenwart und Zukunft, die die Gnade und den Mut haben, auf sie zu hören: Komm, folgt mir nach und ich werde euch zu Menschenfischern machen.“
Beten wir besonders heute für Berufungen, für junge Menschen, die der Stimme Jesu in ihren Herzen Raum schenken, die es zulassen, dass Jesus sie herausrufen darf, wenn er das will. Folgen wir auch der Stimme des Herrn, die uns zuruft: „Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden“ (Mt 9,38) Papst Franziskus lädt uns in der diesjährigen Botschaft zum Weltgebetstag für Berufungen zum „beharrlichen Gebet“ für Berufungen ein. Ich bitte aber auch gleich ums Gebet besonders für meine Mitbrüder Br. Leonhard Maier und Br. Nikolaus Klemeyer, die gerade an diesem „Sonntag des guten Hirten“ in Altötting zu Diakonen geweiht werden (die Priesterweihe ist für Samstag, 10. Dezember, in Rom geplant). Beten wir aber auch für uns alle, dass wir immer mehr Menschen sind, die dieser Stimme nachfolgen, seinem Wort Raum schenken, denn „Nachfolge ist lebendige Gegenwart des Wortes in der personalen Gestalt des Zeugen“ (Benedikt XVI.).
Zeugen des Wortes sein, das uns durchdringt. Das wünsche ich uns allen, Gottes Segen!
Weitere Ressourcen zum Thema Berufung:
+ Das Buch „Wohin Berufung“
+ Unser Blog zum Thema.
Das ist meine leicht abgeänderte Einleitung zum unserem 15. tägigen Newsletter. Den kann man hier abonnieren.
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