Der Anfang. Wenn ich eine Situation, eine Firma, ein Projekt, einen Menschen besser verstehen will, gehe ich zurück zum Anfang: Wo kommt er her, was war damals die Idee hinter diesem Projekt, warum ist diese Situation heute so wie sie ist? Um ein komplexes Unterfangen zu begreifen, um eine schwierige familäre Situation aufzuarbeiten, kann es sehr hilfreich sein, zu den Anfängen zurückzukehren.

Das ist auch der Grund, warum Johannes Paul II. zurück zum Anfang geht, wenn er den Menschen selbst und das Wieso und Weshalb seiner Sexualität begreifen möchte. Und als gläubiger Mensch verwundert es nicht, dass Johannes Paul II. auf der Suche nach den Anfängen dorthin geht, wo es alles begann: Genesis. Genesis ist das erste Buch in der Bibel, es schildert im ersten Kapitel die Anfänge des Menschen.
Was meinen wir aber mit dem Anfang? Es geht hier nicht so sehr um ein chronologisches Faktum, damals, vor vielen Millionen Jahren, ja, ok, auch – aber vor allem geht es um einen anderen Anfang. Das, was am Anfang steht, bezieht sich auf das, was prinzipiell ist, was zutiefst in jedem Menschen steckt, auf die „Urerfahrungen“ des Menschen und nicht im wienerischen Sinn von „Urheiß“ oder „Urcool“.

Johannes Paul II. beginnt die „Theologie des Leibes“ mit einem Blick auf das Streitgespräch der Pharisäer mit Jesus Christus: Warum hat Moses es erlaubt, sich von seiner Frau zu scheiden? – Moses hat das euch wegen der Härte eures Herzens erlaubt, am Anfang aber, da war es nicht so. Wozu hat dann Mose vorgeschrieben, dass man (der Frau) eine Scheidungsurkunde geben muss, wenn man sich trennen will? Er antwortete: Nur weil ihr so hartherzig seid, hat Mose euch erlaubt, eure Frauen aus der Ehe zu entlassen. Am Anfang war das nicht so. (Mt. 19, 7-8) Es ging dem Papst nicht so sehr um die Frage der Scheidung, sondern um die Frage des Anfangs. Was war da in deinem Herzen am Anfang, damals, vor all diesen Verwundungen und Enttäuschungen, die die Tiefe deiner Sehnsucht abgeschwächt haben, und was ist immer noch dort, teils tief begraben oder sehr offenkundig? Genesis ist die Geschichte, die sich jeden Tag abspielt, Genesis geschieht heute. Nachdem alle Masken gefallen sind, nach dem du einmal nicht auf die Erwartungen anderer schaust, nachdem du einmal wirklich tief in dein Herz schaust und überlegst, was sind denn eigentlich meine tiefsten Sehnsüchte? – Was siehst du dort?

Stellt euer Herz nicht in einen immerwährenden Zustand des Verdachts“, sagte Johannes Paul II. Was will er damit sagen? Schau auf den Anfang! Schau auf dein Herz, auf deine tiefsten Sehnsüchte – die sind genau richtig.