Was sagen die Päpste zum Thema Berufung? Weitere Gedanken der Päpste zu dazu.

Obwohl es eine Vielfalt von Berufungen gibt findet sich innerhalb der Vielfalt konkreter Berufungen eine besondere Art von Berufung. Es handelt sich um einen geheimnisvollen Ruf, der nicht an alle Menschen ergeht. Es geht um eine besondere Art der Nachfolge, die nur für einige bestimmt ist, die sie sich nicht selber ausdenken, die ihnen vielmehr als ein von Gott anvertrauter Schatz geschenkt wird:

Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus: Er hat uns mit allem Segen seines Geistes gesegnet durch unsere Gemeinschaft mit Jesus Christus im Himmel. Denn in ihm hat er uns erwählt vor der Erschaffung der Welt, damit wir heilig und untadelig leben vor Gott (Eph 1,3-4) […] Gepriesen sei Gott für die Gabe des gottgeweihten Lebens. Für diese Gabe sollen wir ihn unaufhörlich preisen und ihm danken. Vor der Erschaffung der Welt hat er euch in Jesus Christus aus Liebe auserwählt und für ihn bestimmt. Jeder von euch ist Christus auf besondere Art und Weise begegnet, als ihr in den Tiefen eures Herzens den geheimnisvollen Ruf vernommen habt: Wenn du vollkommen sein willst, geh, verkauf deinen Besitz und gib das Geld den Armen: wo wirst du einen bleibenden Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach (Mt 19,21). Im Gegensatz zum reichen Jüngling im Evangelium, habt ihr diese Einladung großzügig angenommen, indem ihr den Weg der evangelischen Räte der Keuschheit, der Armut und des Gehorsams auf euch genommen habt. Mit einem offenen Herzen wolltet ihr die Gnade der Berufung wie eine wertvolle Perle (Mt 13,46) aufnehmen.“

Johannes Paul II., Botschaft an die Gottgeweihten während seiner Reise nach Polen, 4.6.1997, Übersetzung des Autors

Dieser Ruf geht von Gott, nicht vom Menschen aus und lädt zur radikalen Hingabe ein:

In seiner Abschiedsrede vor seinem Leiden sagte Christus zu den Aposteln: Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt (Joh 15,16). Christus hört nicht auf, diese Worte zu denjenigen zu sprechen, die er liebt, auserwählt hat und denen er das Werk der Evangelisierung anvertraut hat. Durch eure Tauf- und Ordensweihe seid ihr dazu berufen, euch völlig an die Mission Christi, den der Vater geheiligt und in die Welt gesandt hat (Joh 10,36) hinzugeben. […] (Das gottgeweihte Leben) ist die radikale Gabe ihrer selbst, die Menschen aus Liebe zu Christus, ihren Meister und Bräutigam, sowie für ihre Brüder und Schwestern, die am Kreuz durch das Blut des Retters erlöst wurden, darbringen. […] Ihr dürft niemals vergessen, dass ihr dazu berufen seid, persönliches und gemeinschaftliches Zeugnis von der Heiligkeit abzulegen, die das Wesen der Berufung zum gottgeweihten Leben ist und die Quelle des apostolischen Dynamismus innerhalb der Kirche bildet. Die Laien erwarten von euch vor allem, dass ihr Zeugen der Heiligen seid und Wegführer, die zeigen, wie man diese Heiligkeit im täglichen Leben erreichen kann […]. Die Tatsache, dass wir alle aufgerufen sind, heilig zu werden, muss jene in höherem Maße anspornen, die auf Grund ihrer Lebensentscheidung die Sendung haben, die anderen daran zu erinnern.“

Johannes Paul II., ebd.

Dieser besondere Ruf gleicht einer geheimnisvollen Stimme, die im Inneren des Berufenen erklingt:

Wir reden von den Jugendlichen, die unter allen Stimmen, die sie umgeben, verwirren und verzaubern, eine Stimme erkannt haben, eine Stimme mit einem einzigartigen, geheimnisvollen aber unverwechselbaren Ton, ernst aber sanft, mild aber kräftig, eine leise und vertrauliche Stimme, die im Inneren ertönt, als würde sie dort, im geheimen Ort des Gewissens, peinigen und draußen beruhigen, im Vertrauen eines ruhigen und Autorität besitzenden Rates, ein Ruf, der, indem er diese innere Stimme deutet, besagt, dass sie von Gott stammt und dass sie sich an die Jugend richtet, die sich nicht vor den großen Dingen fürchtet, die eher das fürchtet, was böse und mittelmäßig ist. Es ist eine Stimme, die zu ein und derselben Zeit ein Aufruf und ein Befehl ist, eine Stimme so einfach wie ein Seufzer und so tief wie ein Drama, die Stimme Christi, die heute wieder, und heute mehr denn je, besagt: ´Komm, folge mir nach!´ Ihr jungen Leute, die ihr mir zuhört, habt ihr diese Stimme gehört: ´Komm, folge mir nach´? Sie spricht weiter: ´Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen, sondern wird das Licht des Lebens haben.´ Ihr wisst wohl, wie man diesen Dialog nennt. Es ist eine Berufung und jeder von uns hütet sie im eigenen Herzen, als das Geheimnis seines Lebens, die Richtung seiner Zukunft, die Kraft seines Tuns: ´Komm, folge mir nach!´ Erlaubt mir, dass ich als Stellvertreter Christi, als Stellvertreter jenes Jesus, der diese Worte zuerst an seine Jünger und späteren Apostel gerichtet hat, sie wiederholen und an euch richte: aber auch an eure Freunde und alle jungen Menschen der Gegenwart und Zukunft, die die Gnade und den Mut haben, auf sie zu hören: Komm, folgt mir nach und ich werde euch zu Menschenfischern machen.“

Paul VI. zu Seminaristen in Rom, 4.11.1963, Übersetzung des Autors

Dieser besondere Ruf konkretisiert sich – im Fall des gottgeweihten Lebens – vor allem im Leben der Keuschheit, der Armut und des Gehorsams. Es gibt verschiedene Formen, die sogenannten evangelischen Räte zu leben – der Diözesanpriester lebt sie anders als die Ordensschwester, die ein Gelübde abgelegt hat. Anders lebt sie auch ein Priester eines orientalischen Ritus, der verheiratet sein kann, wenn er zum Priester geweiht wird.

Nachfolgen – wir wollen nachfolgen – nachfolgen heißt in die Gesinnung Christi, in den Lebensstil Jesu hineinwachsen, so sagt es uns der Philipperbrief: ´Habt die Gesinnung Jesu Christi!´ (vgl. Phil 2,5) […] Im Hinschauen auf ihn, den großen Lehrer des Lebens, hat die Kirche drei herausragende Merkmale der Gesinnung Jesu Christi entdeckt. Diese drei Merkmale – wir nennen sie mit der Tradition die evangelischen Räte – sind zu den prägenden Elementen für ein Leben in der radikalen Nachfolge Christi geworden: Armut, Keuschheit und Gehorsam.“

Benedikt XVI., Mariazell, 8.9.2007

Das ist das Wesen eurer Ordensweihe: In Antwort auf Gottes besondere Einladung innerhalb der Kirche und zu ihrem Wohl, Armut, Keuschheit und Gehorsam zu geloben, um Gott in größerer Freiheit des Herzens zu preisen und zu dienen (vgl. 1 Kor 7,34- 35) und um in der Lebensform, die er selbst und seine Mutter gewählt haben, euer Leben Christus gleichförmiger werden zu lassen (vgl. perfectae Caritatis 1; Lumen gentium, 46).“

Johannes Paul II., Washington, 7.10.1979, Übersetzung des Autors

Nach dieser ersten Annäherung an das Thema Berufung kann man festhalten: Berufung kommt vor allem von Gott, nicht von den Berufenen. Sie ist keine menschliche Erfindung, sondern etwas, was man vorfindet, eine Initiative Gottes, die die Freiheit des Berufenen herausfordert und doch respektiert, ein Aufruf an den Berufenen, wobei es aber um weit mehr geht als nur um ihn oder sie allein. Die Arten der Berufung sind verschieden, letztendlich gibt es so viele, wie es Menschen gibt. Und doch: Gott ruft einige Menschen zu einer speziellen Art der Nachfolge, die sich in besonderer Weise im Leben der evangelischen Räte der Keuschheit, der Armut und des Gehorsams niederschlägt.

George Elsbett LC

Mehr Info zu P. George Elsbett: http://about.me/gelsbett  / In diesem Blog schreibt P. George zum Thema Berufung. Diese Serie “Wohin? Finde deine Berufung!” entstammt seinem Buch, das denselben Titel trägt: http://www.wohinberufung.com/

Beitragsbild; des Autors