Bereitschaft und Fixierung
Es war einmal ein kleiner Junge, der unbedingt ein Fußballspiel im Radio verfolgen wollte – es gab damals noch keine Fernseher. Doch der Junge lauschte der falschen Frequenz. Das Fußballspiel wurde auf einem anderen Kanal übertragen. Alles Bemühen, dem Jungen das zu erklären, war vergeblich. Er verteidigte das Radio und niemand durfte ihm zu nahe treten. Er vertraute den Leuten nicht. Man konnte seiner Stirn ablesen: „Ich will das Fußballspiel verfolgen und ihr wollt das nicht zulassen. Ihr wollt mir das verbieten!“
Ähnlich kann es uns ergehen, wenn wir zu sehr auf unsere Pläne und Vorstellungen fixiert sind. Dann versuchen wir, Gott auf dem falschen Kanal zu empfangen. Nach dem Motto: „Gott, wenn du mit mir reden willst, dann tu das bitte auf dem Kanal, den ich gewohnt bin! Erwarte nicht von mir, dass ich die Frequenz wechsle! Wenn du mir etwas sagen willst, dann musst du es in der Art und Weise tun, wie ich es will, verstanden?“
Das funktioniert leider nicht! Daher – und das ist besonders wichtig – bedarf es unserer Bereitschaft, die Empfangsfrequenz auf die Sendefrequenz abzustimmen, unserer Bereitschaft zuzuhören, was er sagen will, unserer Bereitschaft, uns seinen Plänen für unser Leben zu öffnen.
Dieser Punkt ist von enormer Bedeutung für die Berufungssuche. Sich ein Urteil bilden und Einsicht gewinnen, die rechte Interpretation und Deutung von Zeichen usw. – all das hat seinen Platz, wird jedoch hinfällig, wenn die Bereitschaft fehlt, still zu sein und das Wort Gottes in sich eindringen zu lassen. Wenn man nicht aufhört, Gott zu sagen, was er zu sagen hat, und nicht bereit ist, den Mund zu schließen und zuzuhören, dann wird alles nach den eigenen Plänen und Wünschen eingefärbt, interpretiert und ausgelegt. Das ist die Herausforderung: Die eigenen Wünsche und Pläne hintanzustellen, so dass er die Gelegenheit hat, seine Wünsche und seine Pläne mitzuteilen.
Bereitschaft aus Liebe
Es gibt einen Prediger, der die Muttergottes mit einer Schlucht vergleicht, mit einem sehr engen Tal, in dem auf beiden Seiten die Felsen in die Höhe emporsteigen. In diesem Tal gibt es nur ein Wort, das von allen Seiten widerhallt. Dieses Wort, diese Stimme ist Gott, ist Jesus Christus; es sind seine Pläne, seine Wünsche, seine Sehnsüchte; immer wieder nur Gott. Das einzige Wort, das für die Muttergottes wichtig ist, ist seines. Weil sie ihn liebt. Ihn, das Wort, das in ihr Fleisch annimmt. Immer wieder versucht sie, dieses Wort unter allen anderen Worten herauszuhören.
Bereitschaft, das zum Gebet wird
Diese Art des Schweigens wird zum Gebet eines Suchenden. Ein solcher Mensch begreift, dass er von sich aus nicht die Fähigkeit hat, seine Berufung zu erkennen, und noch viel weniger die Kraft, dieser auch zu folgen. Es ist das Schweigen eines Betenden, der vor einer großen Herausforderung steht. Er gesteht Gott seine Ohnmacht. Er fleht zu Gott, dass er es sein soll, der spricht und handelt.
Genau diese Art von Stille braucht man, um sagen zu können: „Herr, ich muss geringer werden und du musst in mir wachsen (vgl. Joh 3,30), meine eigennützigen Worte, meine egoistischen Wünsche, meine Eigenliebe, mein Stolz, meine Selbstsucht müssen abnehmen und dein Wort, dein Plan, dein Wille müssen in mir wachsen!“
Diese Serie “Wohin? Finde deine Berufung!” stammt dem Buch von P. George Elsbett LC mit dem gleichnamigen Titel, mehr auf www.wohinberufung.com/ Beitragsbild vom Autor