Die 40-tägige Fastenzeit ist für viele nicht unbedingt etwas, worauf sie sich freuen. Irgendwie will man nicht auf die Sachen verzichten, die einen glücklich machen – und so ein Kakao, wenn’s kalt ist, oder ein süßer Spritzer im Freien, wenn sich der Frühling wieder mit zweistelligen Temperaturen annähert, ist doch nett, oder? Fastenvorsätze können ganz unterschiedlich aussehen, aber eines verbindet sie: Sie sind nie leicht umzusetzen und lassen 40 Tage unglaublich lang wirken.
Aber wie wäre es dann eigentlich mit einer 90-tägigen Fastenzeit? Und warum macht man so etwas freiwillig?

Gerade am Anfang der Fastenzeit nimmt man sich gerne etwas vor. Man will vielleicht mehr beten oder auf gewisse Oberflächlichkeiten und Abhängigkeiten verzichten, um sich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren. Manchmal starten wir recht motiviert, bemerken aber sehr schnell, dass wir diese Vorsätze nicht immer perfekt umsetzen. Wir wollen dir an dieser Stelle sagen: Das ist okay – Fasten muss nicht immer perfekt sein, denn es geht beim Fasten um so viel mehr – und du darfst immer wieder von neuem beginnen.

Jedes Jahr gibt es auch in unserer Gemeinschaft Personen, die das „Exodus90“- oder „Magnify90“-Programm machen. Dabei geht es darum, in einer Art „Extended Fastenzeit“ in Körper, Geist und Seele zu wachsen und sich zu challengen. Die Teilnehmer dieser Programme sind mit heute bei Tag 49 angekommen – eine ganze „Fastenzeit“ haben sie also schon hinter sich. Wir haben uns mit Karin und Sascha zusammengesetzt, um einen kleinen Einblick zu geben, wieso jemand freiwillig 90 Tage auf einiges verzichtet, was die Benefits sind und vor allem auch: Warum fasten nicht perfekt sein muss.

Die Basics: Wie schaut diese 90 tägige Fastenzeit aus?

Sascha: Exodus baut auf den drei Säulen Bruderschaft, Gebet und Askese auf. Es heißt deshalb Exodus 90, weil du in diesen 90 Tagen aus dem Buch Exodus liest. In Exodus wird die Geschichte vom Volk Israel erzählt – man sieht wie sie ausrasten, aus Ägypten befreit werden und dann eben nach Israel gelangen. So ist das auch bei uns Männern – auch wir sind von ganz vielen Dingen versklavt und können von diesem Programm in die Freiheit geführt werden… und diese „Versklavungen“ können ganz unterschiedlich aussehen. Von Alkohol und Drogen, also ärgeren Sachen, bis hin zu Shopping, zu viel Zeit im Internet oder Ähnlichem. Von der Versklavung in die Freiheit – das ist die Grundidee von Exodus.

Karin: Magnify90 hat den Grundgedanken sich in Körper, Geist und Seele auf eine vertiefte Beziehung mit Christus einzulassen – auf Ostern hin. Bei mir sieht ein klassischer Tag seit Magnify so aus, dass ich nach meinem Morgengebet mit meinem Mann versuche, die Readings aus dem begleitenden Buch zu lesen, und mich dann im Laufe des Tages damit zu beschäftigen.

Magnify90 baut besonders darauf auf, wöchentlich bis Ostern eine Tugend zu betrachten und in ihr zu wachsen.

Wieso machst du so ein Programm mit?

Sascha: Ich mache es bereits zu dritten Mal, und es war auch diesmal eine bewusste Entscheidung: Ich möchte wieder freier werden. Ich möchte zum Beispiel gerade ein eigenes Unternehmen aufbauen, und ich weiß, dass ich durch Exodus auch dafür mehr Zeit habe – dass ich weniger vor dem Laptop hänge, weniger vor dem Handy. Der andere Grund ist natürlich: So kann ich sicher noch freier werden für meine Frau und meine zukünftige Familie. Ich möchte meinen Kindern in Zukunft ein gutes Vorbild sein und nicht den ganzen Tag am Handy oder Laptop sein – diese Tugend zu üben möchte ich jetzt anfangen… wenn sie dann nämlich mal da sind, ist es zu spät.

Karin: Eigentlich ist es unter Anderem mein Ziel auf das Fasten, wie es von Medjugorje aus gewünscht wird, zu kommen. Ich möchte mich eigentlich kontinuierlich da hin steigern. Darin habe ich mir auch eine Unterstützung durch Gemeinschaft gewunschen, und diese auch gefunden. Außerdem wollte ich meine Beziehung zu Christus wirklich vertiefen und auch Hilfe für meine Ehe bekommen.

Fasten muss nicht perfekt sein: Womit hast du bisher am meisten gekämpft und wie gehst du damit um, wenn etwas nicht so gut klappt?

Sascha: Da das bereits mein drittes Exodus ist merke ich, dass es mir gar nicht mehr so schwer fällt an die asketischen Punkte zu denken. Das Schwierigste ist aber trotzdem das Handy. Ich merke, dass ich eine Tendenz zur zwanghaften Produktivität habe und oft mein Handy rausgenommen habe um Mails zu checken oder um zu sehen, ob mir jemand geschrieben hat, ob ich was erledigen könnte. Und das kalt duschen – das ist natürlich schwer. Mir hilft es da wirklich sehr, die Exodus Gruppe als Bruderschaft zu sehen. Als Männer, die an sich arbeiten wollen und versuchen, gute Männer zu sein. Das ist alles sehr motivierend – man tauscht sich aus und sieht auch das Kommittent der anderen. So gehe ich auch damit um, wenn etwas mal nicht so funktioniert – Ich bitte meinen Exoduspartner um Verzeihung, weil man das ja eigentlich zusammen macht, und nicht nur für sich alleine. Ich finde schon, dass das auch meine Verantwortung ihm gegenüber ist. Und dann heißt es: einfach wieder aufstehen und weitermachen.

Karin: Wenn es um’s Fasten geht habe ich bisher am meisten bei Familientreffen oder Geburtstagsfeiern gekämpft. Oft war ich an dem Punkt wo ich dann gefragt habe, was jetzt wichtiger ist – die Gastfreundschaft die ich empfange oder bieten kann, oder das Fasten? Wenn ich dann in manchen Situationen eine Entscheidung für die Gastfreundschaft getroffen habe, war es dann auch oft ein Learning, zu sehen, dass es auch hier wichtig ist Grenzen zu setzen – für meinen Körper und meine Seele. Es ist dann mal okay mitzumachen, aber auch da konnte ich lernen abzuwägen, wie viel okay ist, und sodass ich es mir gut tut. Wenn etwas einmal nicht geklappt hat, dann hat es mir geholfen in diesen Situationen mit meiner Gruppe darüber zu sprechen und zu sehen, dass es anderen ähnlich geht, und nicht alleine ist. Das hilft dann immer wieder weiterzumachen und sich selbst zu verzeihen.

It’s all about Him! Wie hat sich deine Gottesbeziehung in den letzen 90 Tagen verändert?

Dass es beim Fasten nicht nur um eine auferlegte Challenge geht, sondern primär darum seinen Fokus wieder auf das zu legen was wichtig ist, können auch Sascha und Karin bezeugen. Es geht nicht darum perfekt zu sein oder wütend auf sich selbst zu sein, wenn etwas nicht klappt, sondern darum mit Gott und für Gott nach Größerem zu streben und sich verwandeln zu lassen.

Sascha: Mir ist in dieser Zeit einfach wieder bewusst geworden, dass ich an vielen Sachen gehangen bin, die ich eigentlich so nicht brauche. Ich setze einfach meine Zeit sinnvoller ein und kann produktiver sein –  ich kann jetzt Sachen erledigen, die ich sonst unter dem Jahr nicht erledigen kann. Außerdem kann ich daran arbeiten, zum Beispiel Gebet langfristig zu einem Teil meines Alltags zu machen – genau so wie die Messe und die Anbetung.

Karin: Ich versuche durch Magnify so gut es geht in die Messe und die Anbetung zu kommen. Das ist mir aber leider manchmal durch meine Lebensumstände nicht so leicht möglich. Ich durfte in dieser Zeit aber lernen das zu akzeptieren, auch wenn ich darunter leide, und stattdessen Gott auf eine andere Art mehr Raum in meinem Leben zu geben. Ich räume, wenn ich es nicht schaffe, einfach eine stille Zeit ein… ich bin einfach aufgeschlossener, auch zuhause zu beten. Ich möchte auf jeden Fall im Laufe der Fastenzeit noch mehr von meinem Handy wegkommen, und auch in meiner Beziehung zu meinem Mann wachsen. Demütiger, freier – da hat mir die Betrachtung von diesen ganzen Tugenden viel geholfen. Ich durfte erkennen, dass ich mir in diesen Bereichen wirklich Unterstützung holen kann.

Sascha und Karin haben uns kurze Eindrücke in ihren 90-tägigen Weg gegeben. Was wir uns auf jeden Fall mitnehmen können, ist Eines: Egal ob 90 oder 40 Tage – die Fastenzeit kann viel mehr als nur eine Zeit der auferlegten Beschwerde sein. Es kann eine Zeit sein, in der man mal lernt einen Schritt zurückzugehen, und darauf zu schauen was wirklich wichtig ist und zählt. Es kann die Zeit sein, in der man neu entdecken kann, wo man wachsen kann, und wo es noch an Stärke und Reinigung braucht. Vor allem aber kann es eine Zeit sein, in der du ganz neu hinhören kannst und dich in den Sakramenten ganz neu von Ihm beschenken lassen kannst und mit jedem Tag einen Schritt näher zu Ihm kommen kannst – ganz wie es dir aktuell möglich ist. Auch ganz unperfekt.