In der Gegenwart
Heute. Nicht morgen. Nicht am Nachmittag. Nicht gestern. Das ist eh schon vergangen, mein Gestern kann ich nicht zurückholen. Deines auch nicht. Und das Morgen ist noch nicht. Und das meinen wir wortwörtlich. Es IST nicht. Das Dasein von morgen existiert nur in unseren Gedanken. Von morgen zu denken als ein „Etwas“ ist reine Projektion. Natürlich ist es wahrscheinlich, dass es kommt. Aber garantieren können wir das nicht. Wir existieren nur hier. Jetzt. Heute eben. Wie leicht es einem fällt zu jeder möglichen Zeit zu leben, außer im Hier und Jetzt. Man hängt am Gestern oder ist besorgt um das Morgen. Und doch. „Heute, wenn ihr seine Stimme hört, verhärtet nicht euer Herz.“ Gott ist ein Gott der Gegenwart. Er ist das ewige Jetzt. Unser Jetzt ist einfach Teilhabe an der Ewigkeit, die Gott ist. Mein Jetzt wird daher Ewigkeitswert nur in dem Maß haben können, in dem ich dieses Jetzt für ihn öffne. Sonst verfällt es wieder ins Nichts, in die Belanglosigkeit und Bedeutungslosigkeit. Und ich mit ihm. Das Jetzt abseits von Gott leben zu wollen ist der beste Weg, ein irrelevantes Leben zu führen.
Fastenzeit als Anfang
Die Fastenzeit ist eine einmalige Gelegenheit. Wir stehen am Anfang. 40 Tage im Heute leben. Eine Zeit der Umkehr, der Neuausrichtung, der Ordnung von Werten und Prioritäten. Eine Zeit, die Türen weit aufzureißen für den, der das Licht der Welt ist. Für den, der in mir sterben will, in mir meinen „alten Menschen“ zu Grabe tragen, aber auch in mir auferstehen will. Der Horizont der Fastenzeit heißt Karfreitag, aber eben auch Ostersonntag. Der Karfreitag offenbart uns, was es heißt, dass Gott uns liebt. Dass er mich liebt. Dass er, um mich zu lieben, sich gegen sich selbst stellt – wie Papst Franziskus uns in der diesjährigen
Fastenzeit-Botschaft erinnert, indem er Benedikt XVI. zitiert: seine Barmherzigkeit gegen seine Gerechtigkeit. Dass seine Liebe so weit geht, dass er sogar die Auswirkung meiner Sünde an seinem eigenen Leib spüren wollte, sodass ich das nicht musste. Der Karfreitag zeigt uns den Abgrund der Sünde und menschlicher Dysfunktion, aber eben auch die Tiefe eines liebenden Gottes. Auch wenn ich seine Liebe für mich niemals übertreiben könnte.
Der Sinn des Fastens
Der Ostersonntag aber ist das Eigentliche. Er stellt den Sinn des Karfreitags her. Der Tod ist besiegt. Das Leben triumphiert. Die tiefste Dunkelheit ist nicht unerreichbar für sein Licht. Der Abgrund hat nicht das letzte Wort. Es gibt keine Begebenheit mehr, die im Letzten hoffnungslos wäre. Es gibt kein Scheitern, das er nicht in einen Durchbruch verwandeln könnte. Fastenzeit ist letztlich eine Vorbereitung für den Ostersonntag. Für die Teilnahme an seinem Triumph. Ja, „Christus will ich erkennen. Die Macht seiner Auferstehung, die Gemeinschaft mit seinen Leiden, sein Tod soll mich prägen“. (Phil 3,10) Und einmal geprägt, und einmal besiegelt, „spiegeln (wir) mit enthülltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn wider und werden so in sein eigenes Bild verwandelt, von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, durch den Geist des Herrn“ (2 Kor 3,18), den „Geist der Wahrheit“ (Joh 16,13). Fastenzeit will sagen: Sich vom Geist der Wahrheit in Jesus Christus umgestalten zu lassen und in dieser Welt widerzuspiegeln. Fastenzeit ist Geschenk und Auftrag zugleich. Sein Tod soll mich prägen. Um die „Freiheit der Kinder Gottes“ (Röm 8,21) zu erfahren. Um diese Freiheit zu bezeugen. Um in sich die Wahrheit Gottes zu vergegenwärtigen: Du bist geliebt. Du bist erlöst. Die Hoffnung lebt.
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